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28.11.2016 | Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im DAV | Mitteilung der Pressestelle
EU-Richtlinienvorschlag zur vorinsolvenzlichen Restrukturierung: Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung begrüßt Vorstoß zur Schaffung einer zweiten Chance für gefährdete Unternehmen

– Einführung eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens und Vereinheitlichung der Regelungen zur Entschuldung von Unternehmern verbessern die Situation der Schuldner –

– Neben der Stärkung der Schuldnerrechte wird auch auf berechtigte Belange der Gläubiger zu achten sein –

Brüssel/Berlin, 22. November 2016 Die Europäische Kommission hat heute ihren Richtlinienvorschlag COM(2016) 723 zu präventiven Restrukturierungsrahmen, zur zweiten Chance und zu Maßnahmen zur stärkeren Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie 2012/30/EU vorgestellt. Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) und ihre Arbeitsgruppe Europa begrüßen, dass damit ein in Deutschland bislang fehlendes Instrument zur vorinsolvenzlichen Restrukturierung eingeführt werden soll. Etliche Detailfragen wie die Vereinbarkeit mit den bisherigen Insolvenzgründen und Antragspflichten oder dem Prinzip der Gläubigergleichbehandlung müssen nun genauer untersucht werden.

Der Richtlinienvorschlag bedarf noch der Mitwirkung des Rates und des Europäischen Parlamentes. Die verbindliche Richtlinie haben dann die Mitgliedsstaaten umzusetzen. Gleichwohl enthält der jetzt vorgelegte Vorschlag schon sehr detaillierte Regelungen. „Wir begrüßen den generellen Ansatz, redlichen Schuldnern, seien es Gesellschaften oder Unternehmer, die Möglichkeit einer zweiten Chance einzuräumen, wenn eine breite Mehrheit der Gläubiger diese Form der vorinsolvenzlichen Sanierung unterstützt“, so Rechtsanwalt Dr. Martin Prager, Vorsitzender der DAV-Arbeitsgemeinschaft.

„Kernpunkt des geplanten, europaweit einheitlichen Restrukturierungsrahmens ist die Möglichkeit, dass sich Schuldner im Rahmen eines vorinsolvenzlichen Planes, der lediglich die qualifizierte Mehrheit der Gläubiger und nicht alle Gläubiger benötigt, entschulden können“, erläutert Rechtsanwalt Daniel F. Fritz, Sprecher der Europagruppe der DAVArbeitsgemeinschaft und als Private Expert der Europäischen Kommission bei der Erarbeitung des Richtlinienentwurfes beteiligt. Je nach Grad des Einvernehmens mit den Gläubigern könnten dabei Lösungen zwischen Schuldner und beteiligten Gläubigern mit geringerer gerichtlicher Beteiligung gefunden werden, soweit nötig mithilfe eines Moderators oder sogar eines Moratoriums als „Safe Harbour“. Der DAV hatte sich bereits im Vorfeld des vorliegenden Richtlinienvorschlags für eine solche Regelung ausgesprochen.

Darüber hinaus hatte der DAV vorgeschlagen, es solle den Mitgliedstaaten freistehen zu entscheiden, ob ein vorinsolvenzliches Verfahren bei Vorliegen von Insolvenzgründen noch eingeleitet werden könne.

Der jetzige Entwurf sieht hierzu vor, dass das Moratorium, soweit gerichtlich gewährt, auch lnsolvenzantragspflichten suspendiert. Die Mitgliedsstaaten sollen hiervon allenfalls bei Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit abweichen dürfen. Zugleich soll das Sanierungsverfahren wohl bereits ohne vorherige gerichtliche Prüfung bei der Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz statthaft sein. „Wir müssen uns daher künftig wieder intensiver mit der Frage der Überschuldung als zwingendem Insolvenzantragsgrund befassen. Es wird genau auszutarieren sein, wann und wo das neue Instrument fairerweise mit Zustimmung der Gläubiger die Überschuldung rechtzeitig beseitigt oder ob bei schon vorhandener Überschuldung dieser Weg im Interesse der Gläubiger versperrt bleiben muss“, resümiert Fritz.

Prager ergänzt: „Es muss ebenfalls genau darauf geachtet werde, dass die weiteren Möglichkeiten des geplanten Instrumentes nicht andere Gläubiger benachteiligen.“ Kai Henning, Sprecher der Arbeitsgruppe Verbraucherinsolvenz der DAVArbeitsgemeinschaft, fügt an: „Zur Vermeidung des so genannten Insolvenztourismus begrüßen wir, dass die Kommission eine einheitliche Entschuldungsfrist von drei Jahren fordert und Einzelunternehmern auch die Chance auf einen Neuanfang erleichtern möchte.“ Es bleibe abzuwarten, inwieweit die Mitgliedsstaaten die verschiedenen Möglichkeiten für Sonderregelungen nutzen würden. „Dabei werden wir in Deutschland überlegen müssen, inwieweit eine einfachere oder schnellere, europarechtlich lediglich für Unternehmer vorgesehene Entschuldung auch Verbrauchern offenstehen sollte.“

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