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26.11.2018 | Frankfurter Restrukturierungsforum | Mitteilung der Pressestelle
Wie fällt das 1:0 in der Nachspielzeit? – Erfolgreiche Restrukturierung von Fußballvereinen

Frankfurt am Main, 26.11.2018. Beim Frankfurter Restrukturierungsforum ging es am 16. Oktober 2018 ums runde Leder: „Wie fällt das 1:0 in der Nachspielzeit? – Erfolgreiche Restrukturierung von Fußballvereinen“. Die Referenten berichteten von ihren umfangreichen Erfahrungen mit in die Krise geratenen Fußballvereinen. Gut 110 Gäste verfolgten eine lebhafte Diskussion mit einer zentralen Erkenntnis: Bei aller Emotionalität im Fußball gelten auch hier die üblichen Spielregeln der Sanierung.

Rüdiger Fritsch (Präsident, SV Darmstadt 98) gab einen spannenden Einblick in die Zeit der Sanierung und des Insolvenzverfahrens seines Vereins vor rund 9 Jahren. Seinerzeit war es nach fast einem Jahr im vorläufigen Insolvenzverfahren gelungen, sämtliche Gläubiger zu bezahlen und den Insolvenzantrag schließlich zurückzunehmen. Gelungen war dies, weil zum einen erhebliche Mittel eingeworben werden konnten, wie zum Beispiel bei einem Freundschaftsspiel gegen den FC Bayern München. Zum anderen hatte der SV Darmstadt 98 mit den Gläubigern Vergleiche über offene Verbindlichkeiten geschlossen. Der Verein steht heute, nach der Krise, sehr solide dar. Geholfen hat dabei sicherlich auch ein beispielloser Durchmarsch des Vereins von der vierten bis in die erste Liga. Fritsch machte in seinem Vortrag außerdem deutlich, dass eine Sanierung nur erfolgreich sein könne, wenn Probleme klar gemacht und angegangen würden. Er betonte aber auch, dass der Druck im Fußball gewaltig sei. Dies führe oft dazu, dass eigentlich kompetente Personen, falsche Entscheidungen treffen.

In der anschließenden Diskussionsrunde wurden dann zahlreiche Besonderheiten im Fußball – vor allem die 50+1-Regelung, wonach es Kapitalanlegern nicht möglich ist, die Stimmenmehrheit bei Kapitalgesellschaften, in die Fußballvereine ihre Profimannschaften ausgegliedert haben, zu übernehmen – kontrovers diskutiert. „Das Wirtschaften findet in einem erheblich medialen Druck statt. Teilweise werden Vorstände noch immer ehrenamtlich besetzt, teilweise ist der Vorstand in Entscheidungsstrukturen eingebunden, die noch aus der Amateurzeit stammen“, so Dr. Hermann Schlindwein (Rechtsanwalt, Partner, Klinkert Rechtsanwälte PartGmbB). Seiner Meinung nach würde sich mit der Aufhebung der 50+1-Regelung einiges ändern. Auch Christoph G. Rapp (Rechtsanwalt, Partner, RAPP WOLFF Rechtsanwälte) gab zu bedenken, dass die Regelung nicht lange Bestand haben werde, denn sie würde europäischen Regelungen widersprechen. Ein Wegfall dieser Regelung würde einen Einstieg eines möglichen Investors bei einem sich in der Krise befindlichen Verein vereinfachen. Guido Kambli (Rechtsanwalt, Duvinage Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und Mitglied des Beirats 2011/2012, 1860 München) betonte, dass im Falle der Einbindung von Investoren die Liga bzw. der DFB besonders intensiv zu involvieren sei, da ansonsten der Verein bzw. die Kapitalgesellschaft einen Punkteabzug oder gar die Lizenz riskieren könne. Rüdiger Fritsch gab jedoch zu bedenken: „Wer den Fußball lebt, ist gegen die Aufhebung der 50+1-Regelung.“

Kambli betonte, dass gerade bei Sanierungen im Profifußball das Interesse der Öffentlichkeit besonders groß sei und die Medien, Fans sowie Konkurrenten die Sanierung sehr genau verfolgen würden. Außerdem seien Verbandsregularien zu beachten und der DFL, DFB oder der zuständige Landesverband einzubinden, was den Zeit- und Handlungsdruck noch einmal erhöhe. Daher brauche man nach Auffassung des Rechtsanwalts im Fußball – gerade zu Saisonbeginn – starke Nerven: „Da wollen Spieler, deren Manager, der Trainerstab, Mitarbeiter der Geschäftsstelle, Sponsoren, die Liga und natürlich auch die Medien sowie Fans jeden Tag genau wissen, was es Neues gibt und ob die Rettung gelingt“, so Kambli. Eine Möglichkeit, um an frisches Geld zu kommen, sei der Abschluss von Vermarktungsvereinbarungen. Die namenhaften Vermarktungsagenturen würden anständige Signing Fees zahlen, die in der Regel sofort in voller Höhe cashwirksam werden würden. Kambli gab aber auch zu bedenken, dass die Laufzeit solcher Verträge im Normalfall mindestens zehn Jahre betrage und dass die Provision, die künftig an den Vermarkter abzuführen sei, zwischen 15 und 20 % der Sponsoring- und Werbeeinnahmen liegen würde. „Daher sollten die Verantwortlichen auch an andere Möglichkeiten, wie Beleihung der Fernsehgelder, Factoring künftiger Forderungen oder die Einbindung von Investoren, denken“, so der Rechtsanwalt. Kambli hob noch einmal die Besonderheit der Restrukturierung im Profifußball hervor: Anders als in anderen Branchen unterliege der Profifußball keinen Zyklen. Wenn man Fußball als Asset-Klasse betrachten würde, lasse sich erkennen, dass es seit mehr als 20 Jahren bergauf gehe. Auch wenn die Einnahmen aus der Verwertung der Medienrechte in einigen europäischen Ländern stagnieren oder leicht rückläufig seien, sei ein Ende des Aufwärtstrends im Fußball nicht in Sicht. So hätten die meisten Bundesliga-Vereine mit ihrer Auslandsvermarktung gerade erst begonnen. Europa- sowie weltweit werde in absehbarer Zeit virtuelle Werbung erlaubt sein.

Ein weiteres Problem bei der Sanierung von Fußballvereinen außerhalb der ersten beiden Ligen ist nach Einschätzung von Christoph G. Rapp, dass die Vereine in diesen Spielklassen personell nicht immer optimal aufgestellt seien. Den Verantwortlichen in diesen Vereinen fällt es schwer, diese Situationen korrekt einzuschätzen sowie zu bewerten. „Neben der nicht vorhandenen Fachkenntnis fehlt es den Vereinen auch an der Bereitschaft, die Krise als solche zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zur Krisenbeseitigung zu ergreifen“, so der Rechtsanwalt. Die mangelnde Bereitschaft sei daher nach seiner Einschätzung ein Grund dafür, dass Krisenursachen von Fußballvereinen nicht frühzeitig bekämpft würden. Ein weiterer Grund sei, dass negative Konsequenzen für die handelnden Personen oder gar ein Fanaufstand durch das Bekanntwerden einer Krise befürchtet würden.

Eine weitere Besonderheit bei der Sanierung von Fußballvereinen machte Dr. Schlindwein abschließend deutlich. Ein Investor erwartet einen Return für sein Investment. Daran hätten aber die Vereinsmitglieder kein Interesse und in aller Regel würden die Investoren ihr Geld tatsächlich auch nicht zurückbekommen: „Die Leute glauben tatsächlich, dass die Dinge im Fußball anders sind. Das ist aber natürlich falsch“, berichtete der Rechtsanwalt. Diese falsche Annahme würde die Sanierung von Fußballvereinen extrem schwierig machen. Am Ende gelten dann doch die gleichen Regeln für die Sanierung von Fußballvereinen wie bei üblichen Wirtschaftsunternehmen. Allerdings sind doch mehr Emotionen mit im Spiel.

Die Veranstalter des Frankfurter Restrukturierungsforums sind Brinkmann & Partner Rechtsanwälte | Steuerberater | Insolvenzverwalter, GSK Stockmann Rechtsanwälte, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, hww hermann wienberg wilhelm und Restrukturierungspartner. Das Restrukturierungsforum ist eine Plattform für Experten der Branche und bringt zwei Mal pro Jahr alle an der Sanierung eines Unternehmens Beteiligten zusammen. Hochrangige Gäste stellen aus verschiedenen Blickwinkeln ein aktuelles Thema vor und teilen ihr Expertenwissen mit den Gästen in der Diskussion. Mehr unter: www.frankfurter-restrukturierungsforum.de. Die nächste Veranstaltung findet im Frühjahr 2019 statt.

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