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29.07.2014 | SLBS SEDLITZ Rechtsanwälte | Mitteilung der Pressestelle
Sanierung der Gatter KG wird zum ESUG-Musterfall

Das Eigenverwaltungsverfahren der Gatter KG endet mit einem Erfolg. Am heutigen Freitag, den 25.07.2014, hat die Gläubigerversammlung den für die Gatter KG eingereichten Insolvenzplan mit 100 % Zustimmung angenommen. Der Plan wurde auch bereits vom zuständigen Amtsgericht in Aalen bestätigt. Damit gelingt der Gatter KG die Sanierung über ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung nach dem erst seit 2012 eingeführten ESUG.

Schwäbisch Gmünd: Im Oktober 2013 hatte die Gatter KG Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Es war beabsichtigt, das Unternehmen durch den Einstieg eines Investors selbst zu sanieren und nicht, wie ansonsten üblich, im Rahmen eines normalen Insolvenzverfahrens das Unternehmen ggf. durch eine sogenannte sanierende Übertragung an eine neue Gesellschaft mit anderen Gesellschaftern zu übertragen.

Dieser Schritt ist der Gatter KG nunmehr unter Einstieg des Unternehmers Jörg Wisser aus Villingen- Schwenningen gelungen. Herr Wisser wird künftig über eine Beteiligungsgesellschaft mit 75 % neben Moritz Gatter an der Gatter KG beteiligt sein. Darüber hinaus stellt der Investor einen auskömmlichen Betrag zur Verfügung, um den Insolvenzplan zu finanzieren und die bestehenden Sicherheiten bei Banken und Dritten abzulösen.

Seit März 2012 bietet die Insolvenzordnung erleichterte Möglichkeiten, die Sanierung eines Unternehmens im Rahmen eines sogenannten Eigenverwaltungsverfahrens ohne Insolvenzverwalter abzuwickeln. Hierzu wird vom Insolvenzgericht ein sogenannter Sachwalter bestellt, der die Sanierung des Unternehmens durch das Management überwacht und bei Bedarf einschreitet. Im Falle der Gatter KG war diese Aufgabe vom Amtsgericht Aalen dem Stuttgarter Rechtsanwalt Martin Mucha von der Kanzlei Grub, Brugger & Partner zugewiesen. Darüber hinaus wurde als Kontrollorgan ein Gläubigerausschuss gebildet, bestehend aus der Volksbank Schwäbisch Gmünd, dem Kreditversicherer Euler Hermes Deutschland AG und Herrn Rechtsanwalt Dr. Jonas Zäh als Vertreter des Betriebsrates. In einem sogenannten vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren, das von Oktober bis Ende Dezember 2013 dauerte, bereitete die Gatter KG einen Sanierungsplan vor, den sie mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 30.12.2013 umsetzte. Hauptinhalt des Sanierungskonzepts war die Änderung des Produktsegmentes vom stark unter Preisdruck stehenden Grauguss hin zum ertragsstärkeren Stahlguss, insbesondere auch im Armaturenbereich. Dabei wurde die Produktionskapazität der Gatter KG auf 150 t pro Monat gesenkt. Dem folgte ein zwingend notwendiger Personalabbau unter Einsetzung einer Transfergesellschaft von rund 90 Arbeitsplätzen auf nunmehr 54 Arbeitsplätze.

Parallel zu den Sanierungsmaßnahmen war ein professionelles Unternehmen damit beauftragt, nach Käufern oder Investoren für die Gatter KG zu suchen. Hierbei zeigte sich jedoch, dass der jetzige Produktionsstandort in der Mutlanger Straße in Schwäbisch Gmünd für Investoren und Käufer keinen Anreiz bot. Man wurde folglich nicht fündig.

Parallel zu diesem Prozess bereitete die Gatter KG gemeinsam mit dem Unternehmer Jörg Wisser aus Villingen-Schwenningen, der über seine Firma AZ Armaturen GmbH langjähriger Kunde der Gatter KG ist, einen Einstieg und auch eine gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung in der Gatter KG vor. Gleichzeitig wurde von Rechtsanwalt Dr. Frank Schäffler und Rechtsanwältin Dr. Jasmin Urlaub von der Kanzlei Menold Bezler, Stuttgart mit dem als Sanierungsleiter eingesetzten Rechtsanwalt Jochen Sedlitz von der Kanzlei SLBS Sedlitz, Filderstadt, sowie dem gerichtlich eingesetzten Sachwalter Rechtsanwalt Martin Mucha, Grub Brugger & Partner, ein Insolvenzplan ausgearbeitet, der die gesellschaftsrechtliche Neustrukturierung der Gatter KG sowie eine Befriedigung der Gläubiger im Vergleichswege vorsah. Die Gatter KG wurde in der gesamten Sanierungsphase von der Kanzlei Menold Bezler umfassend rechtlich beraten.

Nach der Neuausrichtung wird Herr Eugen Gatter nicht mehr an dem Unternehmen beteiligt sein. Sein Sohn Moritz Gatter verfügt über Anteile von 25 %, während der Investor Herr Jörg Wisser über eine Beteiligungsgesellschaft 75 % an der Gatter KG halten wird. Somit wurde durch den Insolvenzplan auch die bereits vor der Sanierung angestoßene Nachfolgeregelung konsequent umgesetzt. Damit gelang es der Gatter KG und ihrem Gesellschafter Moritz Gatter, durch die Neuregelungen der Insolvenzordnung das Unternehmen im Insolvenzverfahren zu sanieren und in Übereinstimmung mit den Gläubigern fortzuführen. Nachdem ohne den Insolvenzplan die Gatter KG hätte liquidiert werden müssen, ist die nunmehr gelungene Sanierung ein Musterfall für das seit März 2012 geltende neue Insolvenzrecht.

Rechtanwalt Sedlitz hierzu: „Die Kunden haben es ausgesprochen gut angenommen, dass das bisherige Management erweitert um einen Sanierungsleiter (CRO) im Amt blieb. Das vorhandene Vertrauen konnte dadurch für die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung trotz Insolvenz positiv genutzt werden. Der Sachwalter Mucha hat dies dazu mit hohem Engagement und viel Erfahrung professionell unterstützt.“ Von daher hätte es sich ausgezahlt, in der vorliegenden Konstellation die nunmehr gelungene Eigenverwaltung anzustreben und umzusetzen. Auch Rechtsanwalt Dr. Frank Schäffler sieht sich bestärkt: „Wir haben vormals den Sanierungsprozess und die Vorbereitung des Eigenverwaltungsverfahrens initiiert und begleitet. Dass dieser Prozess am heutigen Tage mit 100%iger Zustimmung der Gläubiger abgeschlossen werden konnte, ist ein deutliches Zeichen und bestätigt meine Meinung, dass das neue Recht zwar nicht in allen aber doch in geeigneten Fällen sowohl für den Unternehmer als auch für die Gläubiger die beste Lösung ermöglicht. Wir konnten dies nun schon mehrfach auch bei anderen größeren Unternehmen erfolgreich unter Beweis stellen.“ Indes ist laut Sanierer Sedlitz der Sanierungsprozess der Gatter im engeren Sinne noch nicht abgeschlossen: „Die Gatter KG hat noch einige Prozess- und Vertriebsoptimierungen umzusetzen. Hierbei handelt es sich aber um längerfristige Maßnahmen, die naturgemäß nicht in einem geringen Zeitraum von nur 6 Monaten komplett abgeschlossen werden können. Durch den Einstieg von Herrn Wisser und die technische Kompetenz von Moritz Gatter bin ich mir aber sicher, dass diese Prozesse künftig weiter vorangetrieben und erfolgreich umgesetzt werden.“ Die Aufgabe von Sedlitz ist durch den Insolvenzplan ebenfalls erledigt. Künftig wird daher Moritz Gatter unterstützt durch den Investor Wisser die Geschäfte wieder alleine führen. Moritz Gatter hierzu: „Ich bin stolz und glücklich, dass der von uns bewusst in Gang gesetzte Prozess heute mit der Annahme des Insolvenzplanes mit Einstimmigkeit durch die Gläubiger beendet ist. Es hat sich gezeigt, dass unsere Entscheidung richtig war und wir die optimale Unterstützung durch die beteiligten Personen hatten. Hierfür möchte ich allen Beteiligten danken. Es liegen anstrengende Monate und schwere Maßnahmen, insbesondere der unvermeidbare Personalabbau, hinter uns. Es werden anstrengende Monate folgen. Ich bin mir aber sicher, dass wir in Zusammenarbeit mit Herrn Wisser die Gatter KG wieder als ein erfolgreiches und innovatives Unternehmen am Markt platzieren können. Ein großes Lob auch an die Belegschaft, die wirklich „gerackert“ hat.“

Sedlitz und Dr. Schäffler fügen hinzu: „Auch wir möchten den Mitarbeitern des Unternehmens danken, die sowohl selbst als auch über den Betriebsrat und über die IG Metall die Situation und Möglichkeiten erkannt und bei den notwendigen Maßnahmen trotz harter Verhandlungen ihren Beitrag zu dem jetzt gefundenen Ergebnis geleistet haben.“ Insbesondere diejenigen Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, werde dies wohl nicht trösten. Dennoch sei auch an diese Personen der spezielle Dank der Gatter KG, für auch zum Teil langjährige Dienste, gerichtet. Insgesamt gesehen war das Eigenverwaltungsverfahren auch nach Auffassung des Sachwalters, Herrn Rechtsanwalt Martin Mucha, ein Erfolg und Musterfall für die Eigenverwaltung und Sanierung durch Insolvenzplan. Beim Amtsgericht Aalen war dies der erste Fall dieser Art überhaupt.

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