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09.11.2016 | Bundesrechtsanwaltskammer | Mitteilung der Pressestelle
Stellungnahme Nr. 38/2016 der Bundesrechtsanwaltskammer zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung (§ 104 InsO; BT-Drucksache 18/9983)

Stellungnahme Nr. 38/2016

November 2016

Zum Änderungsentwurf der Bundesregierung zu § 104 InsO (BT-Drucksache 18/9983)

Mitglieder des Ausschusses Insolvenzrecht

Rechtsanwalt Prof. Dr. Lucas F. Flöther (Vorsitzender und Berichterstatter)
Rechtsanwältin Christine Frosch
Rechtsanwalt Dr. Frank Kebekus
Rechtsanwältin Dr. Karen Kuder
Rechtsanwalt Markus M. Merbecks
Rechtsanwalt Rolf G. Pohlmann
Rechtsanwalt und Notar Dr. Wilhelm Wessel
Rechtsanwalt Dr. Thomas Westphal
Rechtsanwältin Eva Melina Bauer, Bundesrechtsanwaltskammer

Die Bundesrechtsanwaltskammer ist die Dachorganisation der anwaltlichen Selbstverwaltung. Sie vertritt die Interessen der 28 Rechtsanwaltskammern und damit der gesamten Anwaltschaft der Bundesrepublik Deutschland mit etwa 164.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten gegenüber Behörden, Gerichten und Organisationen – auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene.

Zum Änderungsentwurf der Bundesregierung zu § 104 InsO (BT-Drucksache 18/9983) nimmt die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) wie folgt Stellung. Einleitung:

Anlässlich der Entscheidung des BGH vom 9. Juni 2016 – IX ZR 314/14 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf erarbeitet, mit dem die Vorschrift des § 104 InsO geändert werden soll. Inhaltlich geht es um die Legalisierung der gängigen und nun vom BGH als rechtswidrig eingestuften Praxis, wonach von der Regelung des § 104 InsO in seiner jetzigen Fassung abweichende Vereinbarungen bei Fix- und Finanzgeschäften getroffen werden. Zukünftig sollen folgende Abweichungen nach § 104 InsO-E zulässig sein:

- die vorzeitige Beendigung des Fix- oder Finanzgeschäfts unter der auflösenden Bedingung des Insolvenzfalls - dispositive Berechnungen der Forderung wegen Nichterfüllung entgegen § 104 Abs. 3 InsO.

Derartige Vertragsklauseln verfolgen folgenden Zweck (nach MünchKommInsO – Jahn/Fried, InsO, § 104, Rn. 152 ff.): - Kumulation vieler einzelner derivativer Forderungen zu gegenseitigen Gesamtforderungen, § 104 Abs. 2 S. 3 InsO - Saldierung gegenseitiger Forderungen bzw. Aufrechterhaltung der Aufrechnungsmöglichkeiten (§ 94 ff. InsO) - verringertes Ausfallrisiko durch Anpassung der Forderung wegen Nichterfüllung - zügige Abwicklung außerhalb der Insolvenz.

Der BGH hat Vereinbarungen mit diesem Inhalt in der zitierten Entscheidung nach geltendem Recht für unwirksam erklärt, soweit eine von § 104 Abs. 3 InsO abweichende, vertragliche Berechnung der Forderung wegen Nichterfüllung vorgenommen wurde. § 104 Abs. 3 InsO sei insoweit nach § 119 InsO zwingendes Recht und treffe hinsichtlich der Berechnung der Forderung wegen Nichterfüllung eine zwingende Regelung. Ob daneben eine für den Insolvenzfall auflösende Vereinbarung wirksam ist, hat der BGH ausdrücklich offen gelassen (BGH, a.a.O., Rn. 54).

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist aus folgenden Gründen überwiegend zu befürworten:

I. Teleologische Stellung des § 104 InsO im Verhältnis zu § 103 InsO im Insolvenzrecht Um die Tragweite des § 104 InsO-E nachvollziehen zu können, ist zunächst zu erläutern, welchen Zweck eine mögliche Neufassung im Verhältnis zur Grundregel des § 103 InsO verfolgen würde und wie diese systematisch eingeordnet wird.

1.) § 103 InsO

Nach § 103 InsO steht dem Insolvenzverwalter ein Wahlrecht zu. Er kann von der Vertragspartei des Insolvenzschuldners verlangen, den nicht erfüllten Vertrag zu erfüllen (Abs. 1). Andernfalls kann der Vertragspartner Forderungen wegen Nichterfüllung geltend machen (Abs. 2). Nach Ansicht des BGH liegt der Zweck der Norm darin, „einen von keiner Seite bereits vollständig erfüllten gegenseitigen Vertrag zum Vorteil der Masse und damit der Gläubigergesamtheit auszuführen, insoweit dann aber zugleich auch dem Vertragspartner den durch das funktionelle Synallagma vermittelten Schutz zu erhalten“. (BGH vom 7. März 2002 – IX ZR 457/99)

Mit anderen Worten soll das Wahlrecht den Insolvenzverwalter in die Position versetzen, bestmöglich für die Insolvenzmasse zu wirtschaften sowie die Unternehmensfortführung zu gewährleisten, ohne dabei die Rechte der anderen Vertragspartei außer Acht zu lassen (Kübler/Prütting/Bork–Tintelnot, InsO, § 103, Rn. 7 ff.; MünchKommInsO–Kreft, InsO, § 103, Rn. 2). Festzuhalten ist somit, dass der Verwalter durch die Regelung in die Lage versetzt wird, einerseits rentable Verträge zu erfüllen, aber andererseits an unrentable Verträge nicht gebunden wird.

2.) § 104 InsO und § 104 InsO-E

Von diesem Grundsatz weichen § 104 InsO und § 104 InsO-E ab. Dem Insolvenzverwalter steht kein Wahlrecht bei Fix- und Finanzgeschäften zu. Der jeweilige Vertrag wird gleichsam, automatisch beendet, solange er im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht erfüllt war. Zukünftig sollen die Vertragsparteien hinsichtlich der Abwicklung nach § 104 Abs. 4 InsO-E abweichende Vereinbarungen treffen können.

Nach der Rechtsprechung des BGH liegt der Zweck des § 104 InsO und der damit einhergehende Ausschluss des Wahlrechts des Insolvenzverwalters darin, eine Auszehrung der Insolvenzmasse durch Spekulation des Verwalters zu verhindern. Gerade eine abweichende Vereinbarung, die die Berechnung der Forderung wegen Nichterfüllung zu Lasten der Masse betreffe, sei deshalb nicht mit der vorgegebenen Berechnungsgrundlage des § 104 Abs. 3 InsO vereinbar, sondern stehe im Widerspruch zu dem Zweck, weil der Masseschutz individualvertraglich durchbrochen werden könne (BGH, a.a.O., Rn. 59 f.). Weiterhin dient § 104 InsO der Wahrung der Vertragsparität, damit der Verwalter den bestmöglichen Kurs nicht einseitig abwarten kann und erst im für die Masse günstigsten Moment von seinem Wahlrecht Gebrauch macht (Schmidt–Ringstmeier, InsO, § 104, Rn. 1; Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier–Flöther/Wehner, InsO, § 104, Rn. 3). Dies kann die Vertragspartei des Insolvenzschuldners unangemessen belasten, weil sie der einseitigen Entscheidungsmacht des Insolvenzverwalters zu Gunsten der Masse ausgesetzt wäre.

Der Gesetzgeber schließt mit § 104 InsO-E an diese Überlegung an. Der neue Privilegierungstatbestand solle zum anderen aber auch gewährleisten, „dass sich beide Parteien im Idealfall verlustfrei zu eben dem Preis neu eindecken können, zu dem sie das Geschäft im Verhältnis zueinander abrechnen.“ Insofern diene § 104 InsO-E vorrangig den Interessen des Vertragsgegners (vgl. BT-Drucksache 18/9983, S. 9, S. 13).

Hierzu ist anzuführen, dass eine Privilegierung einzelner Gläubiger in § 104 InsO-E legitim und dem Insolvenzrecht auch an anderer Stelle nicht fremd ist. Die Privilegierung einzelner Interessengruppen dient dazu, nicht diejenigen Gläubiger zu benachteiligen, die eine konsequente Gläubigergleichbehandlung unverhältnismäßig belasten würde. Mit anderen Worten soll mit dem Durchbruch des Grundsatzes die Verteilungsgerechtigkeit gewährleistet werden (in Anlehnung an Uhlenbruck–Pape, InsO, § 1, Rn. 4).

Demnach ist festzuhalten, dass die Schaffung eines Privilegierungstatbestandes grundsätzlich mit der Durchführung eines gerechten Insolvenzverfahrens gerechtfertigt werden kann.

II. Gesamtabwägung

Bei der Schaffung eines Privilegierungstatbestands muss aber auch die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Die vorzugsweise Behandlung einzelner Gläubiger darf nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der übrigen Gläubiger sowie des Insolvenzschuldners führen. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Privilegierung um einen Ausnahmetatbestand von der Regel handeln muss. Eine „Ausuferung“ von Rechten einzelner Gläubiger ist deshalb zu vermeiden. Dabei ist auch zu beachten, dass das Insolvenzrecht dem gemeinschaftlichen Verlust sowie der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger und nicht der Verlustfreiheit einzelner Gläubiger grundsätzlich den Vorrang gibt. Dies ist auch historisch zu begründen, weil der Gesetzgeber die Vorrechte durch die Insolvenzordnung im Jahr 1999 abgeschafft hat (Uhlenbruck-Pape, InsO, § 1, Rn. 12).

1.) Erweiterter Anwendungsbereich des § 104 InsO-E nicht überzeugend

Bedenken bestehen deshalb gegen die Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 104 InsO-E. Hierbei muss eine Parität zwischen folgenden Abwägungspunkten gewährleistet werden:

Der in § 104 Abs. 2 S. 2 InsO genannte Beispielkatalog für Finanzleistungen, auf die der Privilegierungstatbestand Anwendung finden soll, wird in § 104 Abs. 1 S. 3 InsO-E erweitert.

Die Bundesregierung führt hierzu aus:

„Zwar ist die Definition von Finanzinstrumenten in Anhang I Abschnitt C der Finanzmarktrichtlinie umfassender als der bisherige Beispielkatalog des § 104 Absatz 2 Satz 2 InsO, da sie auch Geschäftstypen wie z.B. die auf Klimavariablen, Frachtsätze, Inflationsraten oder andere makroökonomische Variablen bezogenen Derivate erfasst, die in Absatz 2 Satz 2 nicht aufgeführt werden. Allerdings handelt es sich bei der Aufzählung des § 104 Absatz 2 Satz 2 InsO um einen nicht abschließenden Beispielkatalog (Bundestagsdrucksache 12/7302, S. 168). Die Regelungstechnik des Beispielkatalogs hat der Gesetzgeber bewusst gewählt, da er den Begriff der Finanzleistung für künftige Entwicklungen auf den Finanzmärkten offenhalten wollte (Bundestagsdrucksache 12/7302, S. 168).“ (BT-Drucksache 18/9983, S. 10 f.)

Nach dem Willen des Gesetzgebers

„sollte es nicht auf das formale Kriterium des Vorliegens eines Vertrags im Sinne des § 103 InsO ankommen, sondern allein auf die Frage, ob die Marktrisiken, denen das Geschäft unterliegt, unter das von § 104 InsO aufgegriffene Schutzbedürfnis der Parteien und insbesondere des Vertragsgegners fallen.“ (BT-Drucksache 18/9983, S. 19)

Mit einzubeziehen sei deshalb nach § 104 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 InsO-E zum Beispiel der Energiehandel (BT-Drucksache 18/9983, S. 19). Zuzustimmen ist der Bundesregierung zwar insoweit, als dass künftige Entwicklungen auf den Finanzmärkten zu berücksichtigen sind. Andererseits ist aber auch auf das Privilegierungsmoment des § 104 InsO-E und den Charakter der Norm als Ausnahmeregel hinzuweisen. Insofern ist die Schutzbedürftigkeit besonders nachzuweisen. So überzeugt nicht die Anknüpfung der Bundesregierung ganz allgemein an Marktrisiken. Der Handel mit Derivaten ist grundsätzlich einem spekulativen Marktrisiko ausgesetzt. Ferner kann es nicht Aufgabe der Gläubigergemeinschaft sein, dieses Risiko mit einem weit gefassten Privilegierungstatbestand aufzufangen. Die vom Gesetzgeber genannten Risikofaktoren, wie etwa Klimavariablen, Frachtsätze, Inflationsraten oder andere makroökonomische Variablen (BT-Drucksache 18/9983, S. 19), genügen hierfür jedenfalls nicht, weil sie das eigentümliche Risiko des jeweiligen Derivats darstellen.

Als ein weiteres Marktrisiko nennt die Bundesregierung „regulatorische Vorgaben“ (BT-Drucksache 18/9983, S. 19). Hierbei handelt es sich um ein geeignetes Anknüpfungsmerkmal, weil die Regulierung eines Marktes grundsätzlich für die besondere Schutzbedürftigkeit des jeweiligen Marktes spricht.

Ein Grenzfall sind die von der Bundesregierung genannten Energiegroßhandelsmärkte bzw. Warengeschäfte, die über §103 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 InsO-E in den Anwendungsbereich aufgenommen werden sollen. Die Bundesregierung geht von einer Regulierung auf Grund der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts aus (BT-Drucksache 18/9983, S. 19). Ob dies die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 104 InsO rechtfertigt und ob es sich hierbei um eine „ausreichende“ Regulation handelt, wird an dieser Stelle ausdrücklich bezweifelt. § 104 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 sollte somit gestrichen werden.

Für die hier vertretene Position spricht auch, dass Lösungsklauseln grundsätzlich sanierungsfeindliche Wirkung haben. Dem Verwalter wird die Unternehmensfortführung in der Regel erschwert, wenn er nicht auf die Erfüllung vorinsolvenzlich vom Schuldner geschlossene sowie betriebsnotwendige Verträge bestehen kann (Berger, ZInsO 2016, S. 2111, 2117 f.). Umgekehrt heißt dies, dass "die Unwirksamkeit der Lösungsklausel den Gläubiger regelmäßig daran hindert, einen zu günstigen Bedingungen abgeschlossenen und für die Betriebsfortführung wesentlichen Vertrag kurzfristig einseitig zu beenden.“ (BGH, vom 15. November 2012– IX ZR 169/11, Rn. 14). Auch der Gesetzgeber ist dieser Auffassung (BT-Drucksache 12/2443, S. 146).

Aus diesem Grund wird auch die Aufnahme der Zulässigkeit von Liquidationsnetting bei Fixgeschäften nach § 104 Abs. 1 InsO-E für bedenklich gehalten. Hierunter fallen sämtliche Termingeschäfte (Handelsgeschäfte, Verbraucherverträge etc.). Nach hier vertretener Ansicht scheint die Anknüpfung an den Termin eines Geschäfts für die Eröffnung des § 104 InsO-E nicht geeignet und unverhältnismäßig zu sein. Fixgeschäfte sollten deshalb entweder aus § 104 InsO-E vollständig gestrichen oder der Anwendungsbereich ebenfalls für solche Fixgeschäfte begrenzt werden, die einer besonderen Regulierung unterliegen.

Jedenfalls muss gewährleistet sein, dass die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 104 InsO nicht zum Regelfall wird.

Wünschenswert wäre deshalb eine Begrenzung des Anwendungsbereichs auf besonders regulierte Märkte. Hierzu müsste auch legal definiert werden, welche Anforderungen an regulative Vorgaben zu stellen sind, damit der Anwendungsbereich und die Ausweitung der Regelbeispiele einer Begrenzung unterliegen. Zumindest müssten die regulativen Vorgaben derartig in die Finanzdienstleistung eingreifen, dass in ihrer Gesamtheit von einer besonderen Schutzbedürftigkeit zur Aufrechterhaltung der Marktstabilität auszugehen ist. Insofern sollten die Anforderungen an die regulativen Vorgaben konkretisiert, der Anwendungsbereich des § 104 InsO-E begrenzt werden.

2.) Wortlaut des § 104 Abs. 4 InsO-E teilweise ungenau

Die Klarstellung, dass nach § 104 Abs. 4 S. 2 Nr. 1, 2 InsO-E die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung für den Insolvenzfall zulässig sein soll, überzeugt. Bestehende Rechtsunsicherheit (Berger, ZInsO 2016, S. 2111) hinsichtlich der Reichweite von Lösungsklauseln wird im Hinblick auf § 104 InsO-E damit endgültig behoben. Aus Gründen der Sanierungsfreundlichkeit sollte dies aber auch ein Ausnahmefall bleiben. Eine Aufrechnung sowie Saldierung gegenseitiger Forderungen erscheint zu diesem Zeitpunkt geboten und sichert Markstabilität im schnelllebigen Finanzsektor. Es ist auch sinnvoll, die Möglichkeit nach § 104 Abs. 3 InsO-E aufrechtzuhalten, Forderungen aus vielen Verträgen der Vertragsparteien als zwei gegenseitige Gesamtforderungen zu saldieren sowie einen möglichen Überschuss mit weiteren nicht einbezogenen Forderungen aufzurechnen. Die Vertragsabwicklung wird hierdurch erheblich vereinfacht (Benzler, ZInsO 2000, S. 1), zumal eine Einzelabwicklung komplex ist und zu erheblichen Schwierigkeiten führen könnte.

Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, von dem in § 104 Abs. 2 InsO-E genannten Grundsatz nach § 104 Abs. 4 Nr. 3 InsO-E abweichende Berechnungsmethoden bezüglich der Forderung wegen Nichterfüllung zu vereinbaren. Nach § 104 Abs. 2 InsO-E bemisst sich die Forderung nach dem Börsenpreis. Mit § 104 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 lit. a, b InsO-E soll nunmehr die Möglichkeit geschaffen werden, den Berechnungszeitraum abweichend zu vereinbaren. Nach § 104 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 lit. c InsO-E können weitere Berechnungsmethoden vereinbart werden, „die Gewähr für eine angemessene Bewertung des beendeten Geschäfts bieten.“

In diesem Zusammenhang sollte folgendes nachgebessert werden:

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung verfolgt das Ziel, Rechtsunsicherheiten in der Finanzmarkt- und Aufsichtspraxis zu beseitigen (BT-Drucksache 18/9983, S. 10). Für problematisch wird deshalb gehalten, dass der Gesetzgeber in § 104 Abs. 4 S. 1 InsO-E und in § 104 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 lit. c InsO-E folgende unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet:

- Vereinbarkeit mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung( § 104 Abs. 4 S. 1 InsO-E)

- Zulässigkeit weiterer Berechnungsmethoden für eine angemessene Bewertung des beendeten Geschäfts ( § 104 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 lit. c InsO-E).

Deren Bedeutung lässt sich nicht aus der systematischen Stellung im Insolvenzrecht ableiten. In Betracht kommt sowohl eine restriktive als auch extensive Auslegung. Insofern bleibt an dieser Stelle Rechtsunsicherheit bestehen.

Gerade die Zulassung weiterer Berechnungsmethoden für die Forderung wegen Nichterfüllung nach § 104 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 lit. c InsO-E ist zu unbestimmt. Hierbei ist auch auf das Sonderwissen des zumeist solventen Vertragspartners hinzuweisen. Es besteht somit die Gefahr, dass § 104 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 lit. c InsO-E dahingehend verwendet wird, einseitige Interessen zu verfolgen. Eine Parität zwischen dem solventen und insolventen Vertragspartner scheint somit zumindest gefährdet zu sein.

Die unbestimmten Rechtsbegriffe aus § 104 Abs. 4 InsO-E sollten deshalb ersatzlos gestrichen oder weiter konkretisiert werden, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.

III. Fazit

Der vorgelegte Gesetzesentwurf sollte somit in folgenden Punkten nachgebessert werden:

- weitere Begrenzung des Anwendungsbereichs von § 104 InsO-E

- Konkretisierung oder Streichung der unbestimmten Rechtsbegriffe in § 104 Abs. 4 InsO-E

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