Pressemitteilungen

06.09.2011 | Deutscher Anwaltverein | Mitteilung der Pressestelle
Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Insolvenzrechtsausschuss zu den Beschlüssen der so genannten „Stephan-Kommission“ („Runder Tisch Verbraucherinsolvenz der Verbände“) aus deren Sitzung vom 29. Juli 2011 in Berlin

Mitglieder des Insolvenzrechtsausschusses:

Herr RA Dr. Klaus Pannen, Hamburg (Vorsitzender)
Herr RA Kolja von Bismarck, Frankfurt
Frau RAin Claudia Diem, Stuttgart
Herr RA Wolfgang Hauser, Stuttgart
Herr RA Kai Henning, Dortmund (Berichterstatter)
Herr RA Wilhelm Klaas, Krefeld
Herr RA Dr. Manfred Obermüller, Bad Camberg
Herr RA Dr. Klaus Olbing, Berlin
Herr RA Horst Piepenburg, Düsseldorf
Herr RA Prof. Rolf Rattunde, Berlin
Herr RA Dr. Andreas Ringstmeier, Köln
Herr RA Dr. Jobst Wellensiek, Heidelberg
zuständiger DAV-Geschäftsführer:
RA Udo Henke, Berlin

Verteiler:
siehe Deckblatt-Rückseite

Verteiler:

Bundesministerium der Justiz, Berlin
Deutscher Bundestag, Rechtsausschuss, Berlin
Deutscher Bundestag, Rechtspolitische Sprecher der Fraktionen, Berlin
Bundesrat, Berlin
Justizministerien/Justizsenatoren und Justizsenatorinnen der Bundesländer
Bundesverband der Freien Berufe, Berlin
Bundesrechtsanwaltkammer, Berlin
Bundesnotarkammer, Berlin
Deutscher Notarverein e. V., Berlin
Deutscher Richterbund e. V., Berlin
Gravenbrucher Kreis, München/Neu-Ulm
Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V., Berlin
Bundesarbeitskreis Insolvenzgerichte e.V./BAKinso
Vorstand des Deutschen Anwaltvereins
Geschäftsführung des Deutschen Anwaltvereins
Vorsitzende der Gesetzgebungsausschüsse des Deutschen Anwaltvereins
Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaften des Deutschen Anwaltvereins
Vorsitzende des Forum Junge Anwaltschaft im Deutschen Anwaltverein
Geschäftsführender Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des Deutschen Anwaltvereins, Berlin
Insolvenzrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins

Presseverteiler:

Pressereferat des Deutschen Anwaltvereins
Redaktion Anwaltsblatt / AnwBl, Berlin
Redaktion Juristenzeitung / JZ, Tübingen
Redaktion Monatsschrift für Deutsches Recht / MDR, Köln
Redaktion Neue Juristische Wochenschrift / NJW, Frankfurt a. M.
Redaktion Zeitschrift für Wirtschaftsrecht / ZIP, Köln
Redaktion InDat-Report, Köln
Redaktion Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht / DZWIR, Berlin
Redaktion Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung / NZI, München
Redaktion Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht / ZInsO, Recklinghausen

Diese Stellungnahme finden Sie auch auf der Internetseite des Deutschen Anwaltvereins unter: http://www.anwaltverein.de/03/05/index.html.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) ist der freiwillige Zusammenschluss der deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Der DAV mit derzeit ca. 68.000 Mitgliedern vertritt die Interessen der deutschen Anwaltschaft auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene.

Der DAV hat durch seinen Ausschuss Insolvenzrecht die Beschlüsse der so genannten „Stephan-Kommission“ („Runder Tisch Verbraucherinsolvenz der Verbände“) aus deren Sitzung vom 29. Juli 2011 geprüft und macht sich die in dem Protokoll der Sitzung vom 29. Juli 2011 (Stand 15. August 2011) niedergelegten Positionen und Überlegungen im Hinblick auf die Stärkung der außergerichtlichen Verhandlungen vor einer Verbraucherinsolvenz zu eigen.

Das Protokoll der Sitzung der „Stephan-Kommission“ vom 29. Juli 2011 ist als Bestandteil dieser Stellungnahme beigefügt.

Anlage

„Stephan-Kommission“ („Runder Tisch Verbraucherinsolvenz der Verbände“)

Protokoll der Sitzung vom 29.7.2011 (Stand 15.08.2011)

Der „Runde Tisch Verbraucherinsolvenz der Verbände“ hat am 6. April 2011 auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des DAV zum ersten Mal in Berlin getagt. Es war einhellige Meinung der Beteiligten, dass die Möglichkeiten der Stärkung der außergerichtlichen Verhandlungen vor einer Verbraucherinsolvenz gemeinsam besprochen und geprüft werden sollen (siehe Presserklärung vom 6.4.2011, ZInsO 2011, Heft 17, III). Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung hat daraufhin Herrn RiAG Guido Stephan, Darmstadt gebeten, Verbände und geeignete Personen der Gläubiger- und Schuldnerseiten zu einer ersten Beratung einzuladen, um die Möglichkeiten einer Stärkung auszuloten. Diese erste Sitzung der Stephan-Kommission hat am 29. Juli 2011 in Berlin stattgefunden.

Es haben teilgenommen:

Gläubigerschutzvereinigung Deutschland e.V.
mit den Herren Daniel Rambach und Jürgen Valder
Rechtsanwälte Seiler und Kollegen
mit Frau Maren Löffler
Marianne von Weiszäcker Stiftung
mit Frau Rita Hornung
Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände AG SBV
mit Frau Marion Kemper
Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung
mit Herrn Dr. Claus Richter
Finanzamt Witten in Absprache mit BMF und OFD Münster
mit Herrn Martin Klünemann
Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.
mit den Herren Ulrich Jäger und Kay Berg
ARGE Insolvenzrecht und Sanierung im DAV
mit Herrn Kai Henning
Für den Zentralen Kreditausschuss (ZKA):
Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V.
mit Herrn Dr. Stefan Saager
Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V.
mit Herrn Jan Schmidt-Seidl

Die Beteiligten haben sich nach intensiven, sechsstündigen Beratungen auf die nachfolgenden Petita geeinigt. Diese werden in den Verbänden auf dem üblichen Gremienweg kommuniziert und geben zunächst nur die persönlichen Ansichten der Beteiligten wieder:

1. Es wurde eine Vielzahl von Ursachen diskutiert, die aus Sicht der Verbände einer erfolgreichen Einigung entgegenstehen können. Als ein Hindernis wird von Gläubigerseite gesehen, dass es ohne detaillierte Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners an einer verlässlichen Entscheidungsgrundlage fehlt. Schuldnerberatungs- und Gläubigerverbände erklären sich dazu bereit, einen Vorschlag für

ein standardisiertes Formular zu erarbeiten. Bei der Erstellung dieses Formulars sollen ua. die Anforderungen der Finanzverwaltung (Schreiben BMF vom 11.1.2002 BMF IV A 4 – S 0550 - 1/02 -), aber auch berechtigte Datenschutzinteressen berücksichtigt werden. Herr Stephan wird für die nächste Sitzung, die für den 9. oder 12. September 2011 vorgesehen ist, einen Formularvorschlag unterbreiten.

2. Die Beteiligten sind der gemeinsamen Ansicht, dass bei der jetzt vorgesehenen gesetzlichen Änderung der Verbraucherinsolvenz der Begriff „außergerichtliche Verhandlungen“ möglichst nicht mehr verwandt werden sollte. Dieser Begriff suggeriert gerade den Gläubigern im Vergleich zum gerichtlichen Verfahren unbeaufsichtigte, unkontrollierte sowie unwägbare Verhandlungen und Abläufe und hält eher von einer Teilnahme ab. Eine Neugestaltung des Zweiten Abschnitts des Neuntes Teiles der InsO (§§ 305 bis 310 InsO) sollte daher die allgemeine Akzeptanz des jetzigen gerichtlichen Verfahrens auch in seine Überschrift und die verwendeten Begriffen einfließen lassen. Ein Beispiel ist der Begriff „Gerichtliches Vergleichsverfahren“ als Überschrift des zweiten Abschnitts. Die Stephan-Kommission wird weitere Vorschläge erarbeiten.

3. Des weiteren könnte ein neugestaltetes Verfahren mit dem Ziel einer Entschuldung des betroffenen Verbrauchers ohne Eröffnung eines formellen Insolvenzverfahrens bei Weiterentwicklung der von Frau Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger bereits geäußerten Vorstellungen wie folgt ablaufen:

a) Eine Beratungsstelle bzw. geeignete Person iSd. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO prüft, ob Zahlungsunfähigkeit und die erfolgversprechende Möglichkeit einer vergleichsweisen Einigung vorliegt. Wenn ja: Führung von Vergleichsverhandlungen; wenn nein = Insolvenzantrag; keine obligatorischen Vergleichsverhandlungen mehr.

b – d) Der Schuldner kann vor Beginn oder während der Vergleichsverhandlungen bei Gericht anzeigen, dass er mit allen seinen Gläubigern zum Zwecke einer umfassenden Schuldenbereinigung außergerichtliche Vergleichsverhandlungen führt. Er kann diese Anzeige an das Insolvenzgericht mit einem Antrag auf Untersagung weiterer Zwangsvollsteckungsmaßnahmen für die Dauer von 3 Monaten verbinden. Dem Antrag ist eine Erklärung einer Beratungsstelle bzw. geeigneten Person iSd. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO beizufügen. Dieser Antrag kann in Anlehnung an die aktuelle BGH-Sperrfrist-Rspr. nur alle drei Jahre gestellt werden.

Das Gericht veröffentlicht die Anzeige der außergerichtlichen Verhandlungen und, falls dem Antrag stattgegeben wird, die Untersagung der Zwangsvollstreckung mit dem Hinweis, dass der Schuldner hierbei von der anzugebenden Beratungsstelle bzw. geeigneten Personen i.S.d. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO vertreten wird.

e) Der Schuldner kann beantragen, den Vergleich allen Gläubigern gegenüber für verbindlich zu erklären. Hierfür veröffentlicht das Insolvenzgericht den Umstand, dass ein Vergleich zustande gekommen ist und räumt bislang nicht beteiligten Gläubigern eine ausreichende Widerspruchsfrist ein. Auf einen Widerspruch können bislang nicht beteiligte Gläubiger ohne erneute Zustimmung der bereits beteiligten Gläubiger in den Vergleich nur aufgenommen werden, wenn dies nicht zu einer erheblichen Änderung der laut Vergleich für die Gläubiger vorgesehenen Leistungen führt.

Als bislang nichtbeteiligt kann nur ein Gläubiger gelten, der zum Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung (siehe oben c.) einen Anspruch iSd. des § 38 InsO gegen den Schuldner hat.

Nach Verstreichen der Widerspruchsfrist entfaltet der Vergleich seine Wirkung auch gegenüber nicht beteiligten Gläubigern; diese können vom Schuldner keine Erfüllung mehr verlangen. Keine Wirkung entfaltet der Vergleich auf in dem Plan

nicht erhaltene Gläubiger, wenn der der Schuldner die Aufnahme des Gläubigers in den Schuldenbereinigungsplan vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlassen hat.

f) Erreicht der Schuldner in den Vergleichsverhandlungen lediglich eine Kopf- und Summenmehrheit gem. § 309 Abs. 1 InsO, kann er eine Zustimmungsersetzung ohne gleichzeitigen Insolvenzantrag beantragen. Beteiligt sind die ablehnenden Gläubiger. Das Verfahren richtet sich nach den bisherigen §§ 307, 308, 309 InsO.

g) Wird die Zustimmung ersetzt, kommt der Vergleich zwischen Schuldner und beteiligten Gläubigern zustande. Auch hier kann der Schuldner beantragen, dass der Vergleich allen Gläubigern gegenüber gilt (siehe oben e.).

h) In den Vergleichsverhandlungen und während einer möglichen Planlaufzeit soll der Schuldner von einer Beratungsstelle bzw. geeigneten Person iSd. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO vertreten werden. Eine durchgängige Vertretung und Unterstützung des Schuldners während der gesamten Abwicklung wird von allen Beteiligten als unerlässlich angesehen.

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