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19.02.2016 | TILP | Mitteilung der Pressestelle
TILP erstreitet erstes KapMuG-Musterverfahren zur Aufklärungspflicht über Loan-to-value-Klauseln

Hamburg/Kirchentellinsfurt, den 18.02.2016

Die Tübinger Kanzlei TILP Rechtsanwaltsgesellschaft mbH („TILP“) wurde vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg („OLG Hamburg“) mit nunmehr erfolgter Veröffentlichung im Bundesanzeiger als alleiniger Vertreter des Musterklägers in Sachen HCI Hanseatische Capitalberatungs GmbH bekannt gemacht (Az. 13 Kap 2/15). Die Kanzlei vertritt in den zugrundeliegenden Rechtsauseinandersetzungen der Schiffsfondsanleger über 70 Mandanten und hatte 25 Klagen beim LG Hamburg mit einem Gesamtstreitwert von rund 605.000,00 € eingereicht. Streitgegenständlich sind u.a. von TILP behauptete Fehler im Verkaufsprospekt „HCI Hellespont Providence“ über eine Beteiligung an der „MT Providence GmbH & Co. KG“ sowie Aufklärungspflichtverletzungen. Vorliegendes Musterverfahren ist von besonderer Brisanz, da geschlossene Schiffsbeteiligungen über Jahre hinweg als sichere Investition in Substanzwerte beworben wurden. Die Vielzahl der Schiffsinsolvenzen der letzten Zeit zeigt jedoch, dass solche Anlagen häufig mit einem Totalverlust für die Anleger enden. Resultat dieser Entwicklung ist, dass insbesondere geschlossene Schiffsbeteiligungen vermehrt Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen sind.

Erstmalig steht die Frage einer Aufklärungspflicht über Loan-to-value-Klauseln zur gerichtlichen Überprüfung in einem Musterverfahren nach KapMuG

Wesentlicher Gegenstand des jetzigen Mustererfahrens ist die Frage zur Aufklärungspflicht über sogenannte Loan-to-value-Klauseln (LTV-Klauseln) und damit zur Frage der Werthaltigkeit des Investitionsobjekts für den Anleger. Die LTV-Klausel gibt das Verhältnis zwischen maximaler Beleihung bzw. Höhe des Kredits und dem ermittelten Wert des finanzierten Objekts an. Im Fall der MT Providence wurde vereinbart, dass die Darlehenshöhe, u.a. in japanischen Yen gerechnet, 125% des Wertes des finanzierten Schiffes nicht übersteigen darf. In den Darlehensverträgen sichert die LTV-Klausel zugunsten der Bank, dass deren Darlehen durch den Wert der Fondsobjekte stets ausreichend besichert ist. Hierbei handelt es sich nach der Rechtsauffassung von TILP um ein wesentliches aufklärungspflichtiges spezielles Risiko für den Anleger.

Der Fall der „MT Providence GmbH & Co. KG“ scheint auch kein Einzelfall zu sein. Eine Vermutung, die durch die vielen Insolvenzen im Bereich der Schiffsbeteiligungen gestützt wird. „Brancheninsider berichten uns, dass diese Klauseln in Verbindung mit von Beginn an kritischen Wertverhältnissen durchaus branchenüblich sind“, führt TILP-Anwalt Martin Kühler aus. „Daher sind die im von uns erstrittenen KapMuG-Musterverfahren zu klärenden Fragen von grundsätzlicher Bedeutung und haben Auswirkungen auf eine Vielzahl von Schiffsbeteiligungen“, so Kühlers Fazit.

Erneut vertritt TILP den Musterkläger

Die noch junge Verfahrensart des KapMuG-Musterverfahrens erhöht die Chancen betroffener Kapitalanleger deutlich, ihre Rechte wahrzunehmen und erfolgreich durchzusetzen. Die Anwälte einer der vorliegenden Musterbeklagten wissen offensichtlich ebenfalls um die Bedeutung des Musterverfahrens, da sie die Aussetzung der Klagen durch das LG Hamburg und damit die Durchführung des KapMuG-Verfahrens mit Beschwerden bekämpft haben. Der auch für die Entscheidung des Musterverfahrens zuständige 13. Zivilsenat des OLG Hamburg hat die Beschwerden der Musterbeklagten jedoch zurückgewiesen und im Zuge dessen festgestellt, dass hinsichtlich der im Streit stehenden Loan-To-Value-Klausel „nicht schlicht vermutet werden könne, dass derartige Regelungen einem Anleger bekannt sein werden“. Darüber hinaus sei es „jedenfalls denkbar, dass mit Rücksicht auf die konkrete wirtschaftliche Gestaltung des Fonds eine Aufklärungspflicht bestand“ (Az. 13 W 108/15). „Insoweit stellte das Oberlandesgericht zu Gunsten unserer Kläger bereits klar, dass eine Aufklärungspflicht in Betracht kommt, ohne damit aber eine Entscheidung des Musterverfahrens vorweg zu nehmen“, erläutert TILP-Anwältin Diana Römhild.

TILP-Anwälte vertreten nunmehr bereits zum siebten Mal den jeweils einzigen Musterkläger in KapMuG-Musterverfahren (nach den Fällen Deutsche Telekom AG DT 3 und DT 2, CorealCredit Bank AG, Hypo Real Estate Holding AG, Barclays PLC und Morgan Stanley Real Estate Investment GmbH). Ausschließlich dem Musterkläger kommt die prozessual stärkste Stellung im KapMuG-Verfahren zu, Prozesshandlungen der anderen Kläger sind unwirksam, wenn sie in Widerspruch zum Musterkläger stehen. Die Kanzlei des Musterklägers hat deshalb die stärkste prozessuale Stellung inne und damit auch besondere Verantwortung.

Mit der Bekanntmachung des OLG Hamburg beginnt eine wichtige 6-Monats-Frist für die Anleger der MT Providence

Weitere Anleger der MT Providence GmbH & Co. KG haben nun im Rahmen des Musterverfahrens die Möglichkeit, ihre eigenen Ansprüche verjährungshemmend durch die sog. Anspruchsanmeldung über einen Anwalt geltend zu machen, ohne selbst klagen zu müssen. Somit sind Musterverfahren nach KapMuG besonders geeignet, um die Rechte einer Vielzahl von betroffenen Anlegern geltend zu machen. Die Möglichkeit der Anmeldung besteht nun binnen 6 Monaten seit Bekanntmachung des Musterklägers im Bundesanzeiger. Die Frist für die Anspruchsanmeldung zum Musterverfahren endet daher am 09.08.2016.

Die „Anspruchsanmeldung zum Musterverfahren ist verglichen mit der Klage der deutlich kostengünstigere Weg der Verjährungshemmung und sollte insbesondere von betroffenen Anlegern gewählt werden, deren Kosten nicht von einer Rechtschutzversicherung getragen werden“, resümiert TILP-Anwalt Martin Kühler.

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