Pressemitteilungen

07.02.2017 | VID Verband lnsolvenzverwalter Deutschlands | Mitteilung der Pressestelle
Bundesfinanzhof kippt Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums

· Großer Senat des BFH sieht einen Verstoß gegen Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

· Sanierung von Unternehmen und Arbeitsplatzerhalt in Gefahr

Auf seiner Jahrespressekonferenz hat der BFH die Entscheidung des Großen Senats des BFH zum sogenannten Sanierungserlass (BMF-Schreiben vom 27.03.2003 IV. A 6-S2140-8/03 m. W. E.) öffentlich gemacht. Der Sanierungserlass aus dem Jahr 2003 sollte die Rettung von Unternehmen und damit den Erhalt von Arbeitsplätzen ermöglichen. Nach Auffassung der BFH-Richter obliegt diese Entscheidung dem Gesetzgeber und nicht der Verwaltung, das heißt dem Bundesfinanzministerium.

„Dies ist ein herber Rückschlag für die Sanierungskultur in Deutschland“, so Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Deutschen Insolvenzverwalter, VID. „Der Gesetzgeber ist jetzt gefordert, so schnell wie möglich für Klarheit zu sorgen. Ansonsten ist zu befürchten, dass gerade die Sanierung größerer Handelsunternehmen wie aktuell Wöhrl oder Butlers in Frage steht. Der volkswirtschaftliche Schaden durch ein weiteres Zögern des Gesetzgebers wäre sonst kaum absehbar,“ so Niering.

Die Rechtslage des deutschen Steuerrechts führt dazu, dass bei einem Verzicht der Gläubiger auf ihre Forderung oder zumindest einen Teil davon die Verzichte als sogenannte Buchgewinne zu versteuern sind. Insoweit wird der Verzicht der Gläubiger ad absurdum geführt, da für diesen dann Steuern zu zahlen sind. Dem wollte der Sanierungserlass entgegenwirken. Nun wird aufgrund der ohnehin eingeschränkten Möglichkeit der Geltendmachung von Verlustvorträgen ein Unternehmenserhalt im Ganzen dramatisch erschwert. Es ist zu befürchten, dass zukünftig statt der Sanierung des gesamten Unternehmens dessen Zerschlagung gewählt werden muss, um die negativen steuerlichen Folgen zu umgehen.

Nach Auffassung der BFH-Richter verstößt der Sanierungserlass gegen zwingende Vorgaben des Einkommenssteuerrechts. Der Gesetzgeber habe sich im Jahr 1997 bewusst für die Abschaffung des Sanierungsprivilegs in § 3 Nr. 66 EStG entschieden. Darüber dürfe sich das Bundesfinanzministerium nicht hinwegsetzen, so die Richter.

Wie bereits unser Berufsverband und die von ihm mit ins Leben gerufene Seer-Kommission zur Harmonisierung von Steuer- und Insolvenzrecht, fordert nun auch der BFH in seiner heutigen Pressekonferenz die Schaffung eines Sanierungs- und Insolvenzsteuerrechts, um die bestehenden Brüche zwischen den beiden Rechtsmaterien zu überwinden und die Sanierung von Unternehmen und den Erhalt von Arbeitsplätzen in Deutschland zu fördern.

Der WBDat.-E-Mail-Newsletter zum Insolvenzgeschehen:
Unser kostenloser Service für Sie. Täglich auf dem neuesten Stand.

abonnieren