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17.10.2016 | Hamburger Kreis | Mitteilung der Pressestelle
Hamburger Kreis diskutiert mit Steuerrechtsexperten über geplantes vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren

14. Oktober 2016 – Rund 70 Teilnehmer trafen sich am vergangenen Dienstag (11. Oktober) zur zweiten Veranstaltung des Hamburger Kreis für Sanierungs- und Insolvenzsteuerrecht e.V. im Großen Sitzungssaal des Insolvenzgerichts München. Unter dem Thema „Europa ruft nach vorinsolvenzlicher Sanierung – was antwortet das (europäische) Steuerrecht?“ diskutierten sie mit hochkarätigen Experten über das geplante vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren aus dem Blickwinkel des Steuerrechts. Die Tagung eröffneten Dr. Michael Müller, Leiter des Insolvenz- und Vollstreckungsgerichts München, und Dr. Günter Kahlert, Vorsitzender des Hamburger Kreis, die gemeinsam zu der Veranstaltung eingeladen hatten.

Prof. Dr. Godehard Kayser, Vorsitzender Richter des für Insolvenzrecht zuständigen IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Karlsruhe) stellte in seinem Vortrag die Entwicklung des Richtlinienvorhabens der Europäischen Kommission zu einem vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren dar. Dabei begrüßte er grundsätzlich die Initiative der Europäischen Kommission, die insbesondere zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, die durch missglückte Finanzierungsmaßnahmen in die Krise geratenen sind, genutzt werden könne. Angesichts der zweifelhaften europäischen Regelungskompetenz warnte Prof. Dr. Kayser aber vor zu weitreichenden europäischen Vorgaben für die nationalen Insolvenzrechtsordnungen.

Ministerialdirigent Dr. Rolf Möhlenbrock, Unterabteilungsleiter im Bundesministerium der Finanzen (Berlin) griff diesen Impuls auf und stellte mit dem sog. Sanierungserlass und der Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG zwei Instrumente vor, durch die das Ertragsteuerrecht Sanierungsbeiträge auch im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens leistet. Er machte deutlich, dass es in diesem Punkt ein europarechtliches Dilemma gibt: Das europäische Beihilferecht könne dem Sanierungserfolg entgegenstehen. Dr. Möhlenbrock stellte in diesem Zusammenhang das vom Bundesfinanzministerium und der Kommission praktizierte informelle Verfahren zur Klärung der Beihilfeeigenschaft von steuerrechtlichen Regelungen dar. Auch bei der jüngst in das Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Neuregelung des § 8d KStG-E laufe diese Abstimmung noch.

Bei der Betrachtung der umsatzsteuerlichen Folgen von Sanierungsmaßnahmen wurde im Rahmen der Tagung darüber hinaus deutlich, dass die Schaffung eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens nicht ohne begleitende Anpassung des Steuerrechts erfolgen kann: Denn sollte sich durch eine Sanierungsmaßnahme wie dem Forderungsverzicht beispielsweise die Notwendigkeit einer Vorsteuerberichtigung ergeben, könnte die Sanierung durch diese steuerliche Belastung wieder gefährdet werden. Im Anschluss an die Vorträge setzten die Tagungsteilnehmer, die sowohl aus der Justiz und der Finanzverwaltung als auch aus Insolvenzverwaltung und Sanierungsberatung stammten, die angeregte Diskussion fort.

Dr. Günter Kahlert, Vorsitzender des Hamburger Kreis: „Ich freue mich sehr über das große Interesse, ein zentrales Thema wie die geplante vorinsolvenzliche Sanierung aus dem Blickwinkel des Insolvenzrechts auf der einen und des Steuerrechts auf der anderen Seite zu beleuchten und kontrovers zu diskutieren. Damit sind wir unserem Vereinsziel, Insolvenz- und Steuerrecht bundesweit enger zu verzahnen, erneut ein Stück nähergekommen.“

Das Thema der nächsten Veranstaltung des Hamburger Kreis, die am 6. März 2017 in Köln stattfinden wird, sind Detailfragen rund um Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 55 Abs. 4 InsO. Zu seiner zweiten Jahrestagung wird der Hamburger Kreis am 2. Juni 2017 nach Hamburg einladen.

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