Pressemitteilungen

20.03.2012 | Deutscher Anwaltverein DAV | Mitteilung der Pressestelle
Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Insolvenzrechtsausschuss zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfesti

Berlin, 15. März 2012

Nr. 22/12

abrufbar unter www.anwaltverein.de

Mitglieder des Insolvenzrechtsausschusses:
Herr RA Dr. Klaus Pannen, Hamburg (Vorsitzender)
Herr RA Kolja von Bismarck, Frankfurt
Frau RAin Claudia Diem, Stuttgart
Herr RA Wolfgang Hauser, Stuttgart
Herr RA Kai Henning, Dortmund (Berichterstatter)
Herr RA Wilhelm Klaas, Krefeld
Herr RA Dr. Manfred Obermüller, Bad Camberg
Herr RA Dr. Klaus Olbing, Berlin
Herr RA Horst Piepenburg, Düsseldorf
Herr RA Prof. Rolf Rattunde, Berlin (Berichterstatter)
Herr RA Dr. Andreas Ringstmeier, Köln
Herr RA Dr. Jobst Wellensiek, Heidelberg

zuständiger DAV-Geschäftsführer:
RA Udo Henke, Berlin

Verteiler:
siehe Deckblatt-Rückseite

Verteiler:

Bundesministerium der Justiz, Berlin
Deutscher Bundestag, Rechtsausschuss, Berlin
Deutscher Bundestag, Rechtspolitische Sprecher der Fraktionen, Berlin
Bundesrat, Berlin
Justizministerien/Justizsenatoren und Justizsenatorinnen der Bundesländer
Bundesverband der Freien Berufe, Berlin
Bundesrechtsanwaltkammer, Berlin
Bundesnotarkammer, Berlin
Deutscher Notarverein e. V., Berlin
Deutscher Richterbund e. V., Berlin
Gravenbrucher Kreis, München/Neu-Ulm
Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V., Berlin
Bundesarbeitskreis Insolvenzgerichte e.V./BAKinso
Vorstand des Deutschen Anwaltvereins
Geschäftsführung des Deutschen Anwaltvereins
Vorsitzende der Gesetzgebungsausschüsse des Deutschen Anwaltvereins
Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaften des Deutschen Anwaltvereins
Vorsitzende des Forum Junge Anwaltschaft im Deutschen Anwaltverein
Geschäftsführender Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des Deutschen Anwaltvereins, Berlin
Insolvenzrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins

Presseverteiler:

Pressereferat des Deutschen Anwaltvereins
Redaktion Anwaltsblatt / AnwBl, Berlin
Redaktion Juristenzeitung / JZ, Tübingen
Redaktion Monatsschrift für Deutsches Recht / MDR, Köln
Redaktion Neue Juristische Wochenschrift / NJW, Frankfurt a. M.
Redaktion Zeitschrift für Wirtschaftsrecht / ZIP, Köln
Redaktion InDat-Report, Köln
Redaktion Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht / DZWIR, Berlin
Redaktion Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung / NZI, München
Redaktion Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht / ZInsO, Recklinghausen
Redaktion (Print) Zeitschrift für Verbraucher- und Privat-Insolvenzrecht / ZVI, Köln
Redaktion (Internet) Zeitschrift für Verbraucher- und Privat-Insolvenzrecht / ZVI, Köln

Diese Stellungnahme finden Sie auch auf der Internetseite des Deutschen Anwaltvereins unter: http://www.anwaltverein.de/03/05/index.html.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) ist der freiwillige Zusammenschluss der deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Der DAV mit derzeit ca. 67.000 Mitgliedern vertritt die Interessen der deutschen Anwaltschaft auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt das Änderungsvorhaben einer Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und einer Stärkung der Gläubigerrechte. Insbesondere unterstützen wir die jetzige Beibehaltung der Verfahrenseröffnung sowie der Stundung der Verfahrenskosten in den Verfahren der natürlichen Personen, die bei dem letzten Änderungsvorhaben noch aufgegeben werden sollten (BT-Drks. 16/7416). Wir unterstützen im Hinblick auf den europäischen Kontext eine Verkürzung der Laufzeit des Restschuldbefreiungsverfahrens, stehen allerdings einer Verknüpfung der Verkürzung mit einer zu erbringenden Quote skeptisch gegenüber und möchten hierzu einen Gegenvorschlag unterbreiten. Die Übertragung des Verbraucherinsolvenzverfahrens auf den Rechtspfleger halten wir in der vorgeschlagenen Ausgestaltung für nicht überzeugend.

Im Einzelnen möchten wir wie folgt Stellung nehmen:

I. Zu Artikel 1 – Änderung der Insolvenzordnung

1) Zu Nr. 11 / § 108 InsO

a) Einführung

Der Gesetzentwurf schlägt die Einführung eines § 108a InsO vor, dessen Wortlaut folgendermaßen lauten soll:

§ 108a Schuldner als Lizenzgeber

(1) Lehnt der Insolvenzverwalter nach § 103 die Erfüllung eines Lizenzvertrages ab, den der Schuldner als Lizenzgeber geschlossen hat, so kann der Lizenznehmer binnen eines Monats, nachdem die Ablehnung zugegangen ist, vom Verwalter oder einem Rechtsnachfolger den Abschluss eines neuen Lizenzvertrages verlangen, der dem Lizenznehmer zu angemessenen Bedingungen die weitere Nutzung des geschützten Rechts ermöglicht. Bei der Festlegung der Vergütung ist auch eine angemessene Beteiligung der Insolvenzmasse an den Vorteilen und Erträgen des Lizenznehmers aus der Nutzung des geschützten Rechts sicherzustellen; die Aufwendungen des Lizenznehmers zur Vorbereitung der Nutzung sind zu berücksichtigen, soweit sie sich werterhöhend auf die Lizenz auswirken.

(2) Handelt es sich bei dem Vertrag, den der Schuldner als Lizenzgeber geschlossen hat, um einen Unterlizenzvertrag und lehnt der Insolvenzverwalter gegenüber dem Hauptlizenzgeber die Erfüllung des Lizenzvertrages ab, so kann ein Unterlizenznehmer des Schuldners vom Hauptlizenzgeber den Abschluss eines Lizenzvertrages nach den in Absatz 1 genannten Bedingungen verlangen. Liegen Tatsachen vor, aus denen sich ernsthafte Zweifel ergeben, dass der Unterlizenznehmer seine Verpflichtungen aus dem Vertrag wird erfüllen können, so kann der Hauptlizenzgeber den Abschluss von einer Sicherheitsleistung abhängig machen.

(3) Der Lizenznehmer ist berechtigt, bis zum Abschluss eines neuen Lizenzvertrages das lizenzierte Recht gemäß dem bisherigen Lizenzvertrag zu nutzen. Wird innerhalb von drei Monaten nach Zugang der Aufforderung des Lizenznehmers zum Neuabschluss des Lizenzvertrags kein neuer Lizenzvertrag abgeschlossen, so ist die weitere Nutzung nur zulässig, wenn

1. eine Vergütung gezahlt wird, deren Höhe sich nach den Anforderungen von Absatz 1 bemisst, und

2. der Lizenznehmer spätestens innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nachweist, dass er gegen den Verwalter, im Fall des Absatzes 2 gegen den Hauptlizenzgeber, Klage auf Abschluss eines Lizenzvertrages erhoben hat.

Wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren, wirkt der neue Vertrag auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurück.

Ziel dieser Regelung zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen soll sein, den Wirtschafts- und Forschungsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken, eine mögliche Abwanderung von Unternehmen in das Ausland zu verhindern und Investitionen der Lizenznehmer im Insolvenzfall zu sichern.

b) Entstehung des Problems

Mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 01.01.1999 wurde § 21 KO durch § 108 InsO ersetzt, der das Fortbestehen bestimmter Schuldverhältnisse normiert. Für Lizenzverträge gilt nunmehr § 103 Abs. 1 InsO, nach dem das Fortbestehen gegenseitiger Verträge, die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beiderseits noch nicht oder nicht vollständig erfüllt sind, dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters unterliegen. Falls der Verwalter die Erfüllung ablehnt, kann der andere Teil gemäß § 103 Abs. 2 InsO eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Diese Forderung stellt einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung dar. Dabei handelt es sich um eine einfache Insolvenzforderung, die zur Insolvenztabelle angemeldet werden kann und wofür in der Regel nur eine geringe Befriedigungsquote zu erwarten ist. Nach der jetzigen Rechtslage sind demnach Lizenzverträge nicht insolvenzfest: Der Insolvenzverwalter kann die weitere Durchführung eines Lizenzvertrages verweigern, falls ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Lizenzgebers eröffnet wird.

Der Grund für die Ablösung des § 21 KO besteht gemäß dem Regierungsentwurf zur Insolvenzordnung darin, dass bei einer Insolvenzfestigkeit auch für bewegliche Gegenstände die Veräußerung dieses Gegenstandes durch den Insolvenzverwalter scheitern könnte.

Diese Rechtslage hat nach der Begründung des Gesetzentwurfs gravierende Konsequenzen: Insbesondere bei Patentlizenzen, bei Lizenzen an Computersoftware und musikalischen Werken in der Insolvenz des Lizenzgebers könnte das Nichtfortbestehen des Lizenzvertrages zum finanziellen Zusammenbruch des Lizenznehmers führen. Dies betrifft insbesondere die Pharmaindustrie sowie die Musikverleger. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs seien hierfür vor allem die langen Entwicklungszeiten und die hohen Entwicklungskosten für Arzneimittel sowie die existenzielle Abhängigkeit der Musikverlage vom Bestand der Lizenzverträge verantwortlich.

Nach jetziger Rechtslage bestehen gewisse Gestaltungsmöglichkeiten, um die Insolvenzfestigkeit von Lizenzverträgen zu konstruieren. Die Praxis behilft sich im Anschluss an die Entscheidung des BGH vom 17.11.2005 (IX ZR 162/04) mit dinglichen Verfügungen über den lizensierten Gegenstand, mit sogenannten Escrow-Vereinbarungen oder mit der Auslagerung geistigen Eigentums auf eigens hierfür geschaffene Rechtsträger. Allerdings können hierdurch regelmäßig nur Situationen geregelt werden, in denen ein einzelner Lizenznehmer dem Lizenzgeber entgegensteht.

Rechtsvergleichend weist ferner der Gesetzentwurf darauf hin, dass andere Länder und insbesondere die USA und Japan dem Insolvenzverwalter kein Wahlrecht zuschreiben. Auch im UNCITRAL-Modellgesetz für grenzüberschreitende Insolvenzverfahren verfügt der Insolvenzverwalter bei Lizenzverträgen über geistiges Eigentum über kein Wahlrecht.

Zuletzt hatte das Bundesministerium der Justiz in der 16. Legislaturperiode den Entwurf eines § 108a InsO vorgelegt , mit dem das Wahlrecht des Insolvenzverwalters für das Fortbestehen von Lizenzverträgen abgeschafft werden sollte. Dieser sollte grundsätzlich mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortbestehen, es sei denn, dass unter bestimmten Umständen der Insolvenzverwalter eine Anpassung der Vergütung verlangte.

Diesen Entwurf hatte der Deutsche Anwaltsverein abgelehnt, weil er die Lizenznehmer gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten unangemessen bevorzuge. Er hatte ferner systematische Bedenken geäußert, weil es sich bei § 108a InsO um eine Ausnahme von § 103 InsO, nicht von § 108a InsO handelt.

c) Kritische Würdigung

Im Gegensatz zu der in der 16. Legislaturperiode vorgeschlagenen Regelung stellt der nunmehr vorgelegte Text eine Verbesserung dar, weil nicht grundsätzlich die Insolvenzfestigkeit von Lizenzverträgen vorgesehen ist. Es soll vielmehr bei dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters gem. § 103 der Insolvenzordnung verbleiben. Zwar ist der bisherige Lizenznehmer berechtigt, von dem Insolvenzverwalter den Abschluss eines neuen Lizenzvertrages zu verlangen; dies ist aber gegenüber dem Fortbestand des Lizenzvertrages nicht gleichwertig: Zum einen muss der Vertragspartner des Insolvenzverwalters aktiv werden, andernfalls sein Recht verfristet. Zum anderen ist der Insolvenzverwalter frei, über den lizensierten Gegenstand zu verfügen, und die Vertragsverpflichtung besteht dann gegenüber dem Erwerber.

Wenn die Besserstellung von Lizenznehmern im Interesse des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutschland gegenüber dem insolvenzrechtlichen Gleichheitsprinzip vorrangig sein sollte, so dürfte der vorliegende Entwurf einen tragfähigen Kompromiss zwischen beiden Interessen darstellen.

2) Zu Nr. 12 / § 114 InsO

Wir begrüßen diese Regelung. Der Schutz der Abtretung führt nicht zu einer konkreten Steigerung der individuellen Kreditwürdigkeit, sondern nur zu einer generellen, aber im Grunde nicht berechtigten Bevorzugung der so gesicherten Gläubiger. Die Gesetzesänderung dürfte zu einer leichten Verbesserung der Situation der ungesicherten Gläubiger führen und zu einer höheren Rückführung der Beträge für die Kostenstundung. Die gesicherten Gläubiger werden geringe, aber zumutbare Einnahmenverluste hinnehmen müssen. Durch die Änderung werden zukünftig rechtliche Auseinandersetzungen zwischen Treuhänder/Verwalter und absonderungsberechtigten Gläubigern vermieden und die Gestaltung von Insolvenzplänen erleichtert.

Unserer Ansicht nach könnte auch § 114 Abs. 3 InsO ersatzlos gestrichen werden. Die Regelung des Abs. 3 S. 1 ist nach der Rspr. des BGH nicht erforderlich, da die Pfändungspfandrechte auch bei zukünftig wiederkehrend entstehenden Leistungen erst mit dem Entstehen des jeweiligen Anspruchs wirksam werden und nicht bereits mit der Ausbringung der Pfändung (BGH Urt. vom 20.3.2002 -IX ZR 166/02- ZInsO 2003, 372; MünchKomm-InsO/Kirchhof § 140 Rn. 9c und Rn. 14). Abs. 3 S.2 führt in der Praxis häufig zu Missverständnissen (BAG, Urt. vom 17.09.2009 -6 AZR 369/08-) und sollte zur Förderung der Rechtsklarheit gestrichen werden.

3) Zu Nr. 14 / § 217 InsO

Wir möchten hier zu bedenken geben, dass auch in einem Verbraucherinsolvenzverfahren über ein Planverfahren Lösungsmöglichkeiten entstehen können, die nicht ohne Not ausgeschlossen werden sollten. Die Erfahrungen der Praxis zeigen, dass nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die Verhandlungsbereitschaft aller Beteiligten steigt. Da keine Nachteile durch die Aufnahme dieses zusätzlichen Regulierungsinstruments ersichtlich sind, regen wir an, ein Planverfahren auch im eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren zuzulassen. Eine Konkurrenzsituation zwischen dem vorwiegend von Schuldnerberatungsstellen vorgelegten außergerichtlichen Plan und dem Plan nach § 217 InsO sehen wir hierbei nicht. Beide Planverfahren haben vielmehr ihre Berechtigung sowie ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Der außergerichtliche Plan ist das geeignete und kostengünstige Instrument für den einfacheren Fall, während der gerichtliche Plan zwar den Vorteil des Einigungsdruckes eines eröffneten Verfahrens nutzen kann, aber auch aufwändiger sowie kostenintensiver ist und damit eher dem komplexeren Fall vorbehalten ist.

4) Zu Nr. 17 / § 287a InsO

Eine Entscheidung des Gerichts über die Durchführung des Insolvenzverfahrens halten wir für entbehrlich. Eine Versagung der Durchführung des Restschuldbefreiungsverfahrens von Amts wegen stellt eine unnötige Abkehr vom bisher im Versagungsverfahren geltenden Prinzip der Gläubigerautonomie dar. Die Rechte der Gläubiger könnten effektiver gestärkt werden, wenn der Schuldner sich nicht nur wie bislang gem. § 4a Abs. 1 S. 3 im Rahmen der Stundungsbewilligung zu einschlägigen Vorstrafen äußern müsste, sondern diese Erklärung auch mit seinem Insolvenzantrag beizubringen hätte. Es ist zudem anzunehmen, dass die Prüfung durch die Insolvenzgerichte sich in Anlehnung an die Rspr. zur Stundungsbewilligung (BGH, Beschl. vom 16.12.04 -IX ZB 72/03-) nicht auf die Prüfung der Voraussetzungen des § 290 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 3 und 3a beschränken wird, sondern „offensichtlich“ und „zweifelsfrei“ vorliegende Versagungsgründe einbeziehen wird. Diese Erweiterung kann in der Praxis zu einer Rechtsauslegung führen, die bestimmte Schuldnergruppen vom Restschuldbefreiungsverfahren ausschließt (vgl. LG Düsseldorf, Beschl. vom 17.2.12 -25 T 76/12-).

5) Zu Nr. 18 / § 289 InsO

Wir regen an, neben § 211 auch § 213 in die Vorschrift aufzunehmen, da der BGH mittlerweile festgestellt an, dass auch im Falle des § 213 Restschuldbefreiung erreicht werden kann (BGH, Beschl. vom 17.3.05 –IX ZB 214/04-).

6) Zu Nr. 19 / § 290 InsO

Zu den neu gefassten Nrn. 1 und 1a möchten wir hinsichtlich der Formulierung „mindestens“ neunzig Tagessätze auf den Widerspruch zu den Regelungen des Bundeszentralregistergesetzes hinweisen, das bspw. in § 32 Abs. 2 Nr. 5 oder in § 46 Abs. 1 Nr. 1 a) von „nicht mehr als“ neunzig Tagessätze spricht. Die Geldstrafe von 90 Tagessätzen wird in der Praxis häufig bei kleineren Delikten und Ersttätern gewählt, um diese vor einer Aufnahme der Strafe in das Führungszeugnis zu bewahren. Der Widerspruch sollte durch die Übernahme der Formulierung aus dem BZRG aufgelöst werden.

Für die Regelung des § 290 Abs. 1 Nr. 1a sehen wir im Grunde keinen Bedarf, da der durch eine Straftat geschädigte Gläubiger die Möglichkeit hat, seine Forderung gem. § 302 als Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung anzumelden und hierdurch wirtschaftlich besser stehen dürfte als im Falle der Versagung der Restschuldbefreiung (vgl. Schmittmann, VR 2011, 73-76).

Hinsichtlich des § 290 Abs. 1 3a sehen wir Divergenzen zur sogenannten Sperrfristrspr. des BGH (vgl. BGH NZI 10, 153; BGH NZI 10,195; BGH NZI 10, 263; BGH NZI 2011, 544). Da sich der Referentenentwurf auch in seiner Begründung nicht zu dieser Abweichung äußert, wird fraglich bleiben, ob die Rspr. des BGH Bestand haben wird oder nicht. Wir regen daher eine Klarstellung bzw. Vereinheitlichung an.

7) Zu Nr. 24 / § 297, § 297a InsO

Hier möchten wir hinsichtlich der Formulierung „mindestens“ neunzig Tagessätze auf unsere Ausführungen zu I. 6) verweisen.

Die neue Regelung des § 297a ähnelt von ihrem Normzweck her § 303, der auch in seiner jetzt vorgeschlagenen Fassung eine abschließende Frist von einem Jahr zur Stellung eines Versagungsantrages enthält. Diese Jahresfrist möchten wir auch für § 297a vorschlagen, um einerseits eine nachträgliche Versagung zu ermöglichen, aber andererseits allen Beteiligten nach Ablauf dieses Jahres Rechtssicherheit zu geben.

8) Zu Nr. 26 / § 300 InsO

Wir unterstützen grundsätzlich ein „Anreizsystem“ durch Verkürzung der Restschuldbefreiungsdauer, um die Schuldner zur Einbringung weiterer Mittel zu motivieren. Die gesetzte Hürde muss aber auch erreichbar und überwindbar sein. Zwar gibt es keine empirischen Erhebungen über die prozentuale Schwelle, die Schuldner unter Einsatz „überobligatorischer Anstrengungen“ typischerweise erreichen können. Die Praxis der bisherigen Treuhandschaften und Kleininsolvenzen natürlicher Personen zeigt jedoch, dass – abgesehen von Einzelfällen, die nicht auf überobligatorischem Einsatz der Schuldner, sondern auf Einzelsituationen wie Anfechtungen oder Erbschaften beruhen – Quoten von 25 % und mehr nicht zu erreichen sind. Die Begründung des Gesetzentwurfes zitiert selbst die Untersuchungen des Amtsgerichtes Hamburg, die durchschnittliche Quoten von knapp 10 % feststellten. Diese Quoten können auch nicht durch die von der Begründung des Gesetzentwurfes geforderten überobligatorischen Anstrengungen auf 25 % gesteigert werden.

In Erkenntnis dieser Tatsachen regt der DAV an, einen anderen Weg zur Verkürzung der Laufzeiten zu gehen. Einerseits sollten die Vorschriften über das Insolvenzplanverfahren auch im Verbraucherinsolvenzverfahren Anwendung finden wie wir bereits unter Pkt. 2) dargelegt haben. Andererseits sollte insbesondere im europäischen Kontext die Laufzeit allgemein verkürzt werden. Nach der EU-Studie „A second chance for entrepreneurs“ vom Januar 2011, an deren Erstellung auch die Bundesregierung beteiligt war, soll für ein Entschuldungsverfahren eine gute Prävention, eine Entschuldung nach einer maximalen Laufzeit von drei Jahren und eine gründliche Trennung von ehren- und unehrenhaften Schuldner gegeben sein. Diesen Empfehlungen möchten wir uns anschließen. Eine Verkürzung der Laufzeit der Entschuldung auf drei Jahre halten wir zum jetzigen Zeitpunkt allerdings für übereilt. Die allgemeine Akzeptanz der Restschuldbefreiung (siehe Erklärung der Verbände zur Stärkung der Verbraucherinsolvenz InsbürO 11, 162= ZInsO 2011, Heft 17 S. III) sollte nicht durch ein zu einseitiges Vorgehen gefährdet werden. Wir möchten daher eine allgemeine Verkürzung der Laufzeit auf zunächst 5 Jahre vorschlagen, die sich zusätzlich auf 4 Jahre reduzieren könnte, wenn der Schuldner die Verfahrenskosten aufgebracht hat. Eine noch frühere Restschuldbefreiung kann nach unserem Vorschlag nur gewährt werden, wenn die Gläubiger der Verkürzung über einen Insolvenzplan zustimmen.

9) Zu Nr. 28 / § 302 InsO

Die geplante Ausweitung der ausgenommenen Forderungen auf Ansprüche wegen Steuerhinterziehung sehen wir eher kritisch. Die ausgenommenen Forderungen sollten restriktiv gehalten werden, um eine Aufweichung der Restschuldbefreiung zu verhindern. § 370 AO ist kein Schutzgesetzt iSd. § 823 BGB, so dass die Forderung aus einer Steuerhinterziehung bislang mit guten Gründen von der Restschuldbefreiung erfasst wird. Auch die Aufnahme der Unterhaltsrückstände, die nicht schon durch § 170 StGB als deliktisch privilegiert sind, lässt die Tendenz erkennen, zugunsten staatlicher Gläubigern – hier der Unterhaltsvorschusskassen und Sozialämter - Privilegien zu schaffen, die zu Lasten einer umfassenden Restschuldbefreiung und der mit ihr verbundenen Chance zum wirtschaftlichen Neuanfang gehen.

10) Zu Nr. 30 / § 303a InsO

Wir halten die Eintragung der Versagung oder des Widerrufs der Restschuldbefreiung in das Schuldnerverzeichnis für angebracht. Wir sind allerdings der Ansicht, dass der Eintrag der Erteilung der Restschuldbefreiung anders zu behandeln ist. Schuldner werden in der Praxis durch diesen an sich positiven Eintrag dennoch benachteiligt, da sie mit einer Insolvenz in Verbindung gebracht werden. Dies gilt insbesondere bei der Wohnungssuche, bei der Vermieter häufig die Vorlage einer sogenannten „Schufa-Selbstauskunft“ verlangen. Da die Schuldner nach Erteilung der Restschuldbefreiung schuldenfrei und wirtschaftlich rehabilitiert sind und zudem durch das erfolgreiche Durchlaufen des Verfahrens ihre Redlichkeit unter Beweis gestellt haben, halten wir in Anlehnung an § 303 InsO die Löschung des Eintrags „Erteilung“ nach einem Jahr für gerechtfertigt. Hierfür hätte zusätzlich eine Änderung des § 35 II Nr 4 BDSG zu erfolgen.

11) Zu Nr. 33 / § 305 InsO

Die außergerichtlichen Verhandlungen sollten nach der Vorstellung des Gesetzgebers zu einer hohen Vergleichsquote führen und in vielen Verfahren ein gerichtliches Insolvenzerfahren überflüssig machen. Diese Hoffnung hat sich zumindest bislang leider nicht erfüllt. Die Einigungsquoten in den außergerichtlichen Verhandlungen sind gering geblieben, ebenso die gerichtlich zustande gekommenen Schuldenbereinigungspläne (Vgl HK-InsO/Landfermann § 305 Rn 12 mwN). Die fehlende Allgemeingültigkeit (vgl § 308 Abs. 3) des beschlossenen Planes gegenüber allen Insolvenzgläubigern ist unserer Ansicht nach die Hauptursache. Wir sehen daher nur eine wirkliche Chance für eine Belebung der außergerichtlichen Verhandlungen, wenn durch eine Änderung des § 308 Abs. 3 alle Insolvenzgläubiger in eine außergerichtliche Einigung einbezogen werden.

Von den außergerichtlichen Verhandlungen getrennt zu sehen ist allerdings die unerlässliche vorgerichtliche Betreuung des Schuldners und die Aufbereitung seiner Unterlagen durch Schuldnerberatungsstellen und Rechtsanwälte. Diese wichtige Arbeit darf durch die Umgestaltung des außergerichtlichen Verfahrens nicht in Frage gestellt werden.

Wir möchten uns daher den vom „Runden Tisch der Verbände zur Verbraucherinsolvenz“ (Insbüro 2011, 162 = ZInsO 2011, Heft 17 S. III.) und der „Stephan-Kommission“ (www.forum-schuldnerberatung.de) entwickelten Vorschlägen anschließen und hoffen, dass diese so breit unterstützte Empfehlung noch Eingang in das Gesetzgebungsvorhaben finden wird.. Die Stephan-Kommission hat ua. zur Einbeziehung unbekannter Gläubiger in einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan folgende Feststellung getroffen:

„Unbekannte Gläubiger können in die Wirkungen des Schuldenbereinigungsplans einbezogen werden. Hierfür sind eine Veröffentlichung zu Beginn der Verhandlungen und eine gesonderte Veröffentlichung des Schuldenbereinigungsplanes unerlässlich. Die Veröffentlichung zu Beginn der Verhandlungen dient dazu, den Gläubigern die Beteiligung an den Verhandlungen zu ermöglichen. Die gesonderte Veröffentlichung des Schuldenbereinigungsplans erfolgt, um unbekannt gebliebenen Gläubigern eine ausreichende Widerspruchsfrist einzuräumen. Der Gesetzgeber ist gehalten, die Wirkungen der Allgemeinverbindlichkeitserklärung so auszugestalten, dass entsprechende Anreize für alle Beteiligten gesetzt werden, dass alle Gläubiger in den Plan einbezogen werden. Hierdurch soll vermieden werden, dass der Schuldner durch vorwerfbares Handeln nicht alle vorhandenen Gläubiger benennt oder Gläubiger sich in vorwerfbarer Weise nicht am Verfahren beteiligen.“

Diese Feststellung wird von folgenden beteiligten Verbänden getragen: Die Deutsche Kreditwirtschaft, Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V., Gläubigerschutzvereinigung Deutschland e.V., Rechtsanwälte Seiler, Seghorn Inkasso GmbH, Finanzverwaltung vertreten durch einen Finanzamtsvorsteher, Bundesagentur für Arbeit-Forderungsmanagement, Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände, Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V., Marianne von Weizsäcker-Stiftung und ARGE Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein.

Wir sind zudem der Ansicht, dass der Verzicht auf obligatorisch zu führende außergerichtliche Verhandlungen richtig ist. Gleichzeitig sollte aber die hohe Qualität der vorgerichtlichen Betreuung und der Antragsvorbereitung insbesondere durch die Schuldnerberatungsstellen erhalten bleiben. Die Bescheinigung der Aussichtslosigkeit soll nach dem Referentenentwurf nur nach einer „persönlichen Beratung und eingehenden Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners“ ausgestellt werden. An dieser Stelle sollten die Anforderungen aber noch weiter definiert werden. Angelehnt an § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO sollte auch die „Hilfe bei der Aufstellung der Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen und bei der Antragstellung“ in die Beratungspflicht aufgenommen werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Beratung wirklich hilfreich und auch für das folgende Insolvenzverfahren förderlich ist.

12) Zu Nr. 39 / §§ 312 – 314 InsO

Wir begrüßen die Abschaffung des vereinfachten Verbraucherinsolvenzverfahrens. Allerdings stellt sich mit Abschaffung dieses Verfahrens die Frage, welchen Sinn eine Trennung der Verfahren der natürlichen Personen in Regel- und Verbraucherinsolvenzverfahren dann überhaupt noch hat (vgl. Vallender/Laroche VIA 2012, 9). Vallender/Laroche stellen zutreffend dar, dass die außergerichtlichen Verhandlungen allen natürlichen Personen offen stehen sollten, und dass es lediglich Ausnahmen für den aktuell selbstständigen Schuldner geben sollte.

II. Zu den Artikeln 3, 4, 6, 9 und 12

1) Art. 3 Änderung der Zuständigkeit

Die Übertragung der Zuständigkeit auf den Rechtspfleger lehnen wir in der vorgeschlagenen Form ab. Zum einen befürchten wir neben möglichen verfassungsrechtlichen Verstößen durch den aus der Änderung folgenden starken Rückgang der im Insolvenzrecht tätigen Richter einen deutlichen Qualitätsverlust. Die Änderung würde daher den gerade in Kraft getretenen Änderungen des ESUG direkt zuwiderlaufen. Wir bitten, dies nicht als Abwertung der Arbeit der Rechtspfleger zu verstehen, die ihre Aufgaben auch unserer Ansicht nach sehr gut erledigen. Aber auch die Rechtspflegerschaft wird zugestehen, dass der Richter eine weitere Ausbildung, höheres Ansehen und damit auch den im Verfahren nicht unwesentlichen größeren Respekt besitzt.

Zum anderen sollte gerade in den Verfahren über die Versagung der Restschulbefreiung die richterliche Zuständigkeit bewahrt werden. Es handelt sich hier um oft komplexe, kontradiktorisch (BT-Drucks. 14/5680 S. 21; BGH NZI 09, 523) geführte Verfahren, die auch durch schwierige Beweismittel- und Beweislastfragen geprägt sind. Der Bundesgerichtshof hat zu diesen Verfahren zudem ein umfangreiches „case-law“ entwickelt, dass bei Entscheidungen zu beherrschen ist.

2) Art. 4 /Art. 9 Beratungshilfe

Wir haben den Eindruck, dass der Gesetzgeber die hohe und oft gelobte Qualität der anwaltlichen Schuldnerberatung erhalten möchte, sie aber offenbar nicht vergüten will. Die Festlegung des Beratungshilfesatzes auf 60 € für die Vorbereitung des Verfahrens, die Überprüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse und das Ausstellen einer Bescheinigung über das Scheitern ist nicht hinnehmbar und eine fast schon ehrenrührige Abwertung anwaltlicher Arbeit. Tatsächlich unterscheidet sich die Tätigkeit der anwaltlichen Schuldnerberatung zur Überprüfung der Sanierungsfähigkeit und Vorbereitung auf das Verfahren, die mit der Ausstellung einer Aussichtslosigkeitsbescheinigung endet nicht wesentlich von der Tätigkeit, die mit einem außergerichtlichen Einigungsversuch endet. Insofern kann sich auch die Vergütung nicht wesentlich unterscheiden, gegenüber den üblichen Sätzen für die Durchführung des außergerichtlichen Einigungsversuchs ist allenfalls ein Abschlag von 10% angemessen. Die vorgesehenen 60 € sind keinesfalls eine angemessene Vergütung.

Der Gesetzgeber sollte zudem klarstellen, dass der Schuldner die freie Wahl zwischen von Beratungshilfe getragener anwaltlicher Schuldnerberatung und der Schuldnerberatung durch öffentlich geförderte geeignete Stellen hat. Nur so lässt sich ein ausreichendes Beratungskontingent sicherstellen.

3) Art. 6 Vergütung

Bei dem in § 3 Abs. 2 e) InsVV eingeführten neuen Vergütungsminderungstatbestand ist unserer Ansicht nach zu beachten, dass er sich denklogisch nicht in Einzelfällen, sondern als generelle Minderung auswirkt. Diese lehnen wir ab. Der Minderungstatbestand wird mit der Änderung des § 5 Abs. 2 InsO und der mit ihr angeblich einhergehenden „Erleichterung für die Verfahrensabwicklung“ begründet. In der Begründung zum geänderten § 5 Abs. 2 InsO wird allerdings zutreffend ausgeführt, dass bereits jetzt die Kleininsolvenzverfahren „ganz überwiegend schriftlich durchgeführt werden“. Die unterstellte „Erleichterung für die Verfahrensabwicklung“ für die bestellten Verwalter bringen deshalb weder der geänderte § 5 Abs. 2 InsO noch andere Vorschriften des vorliegenden Gesetzentwurfes mit sich, insofern diese lediglich die bestehende Praxis abbilden. Da eine Minderung der Regel-Verwaltervergütung ohnehin nur im Falle des Vorhandenseins von Masse denkbar ist, sind berechtigte Fälle des Zurückbleibens hinter der Regelvergütung bereits mit dem bestehenden Minderungstatbestand des § 3 Abs. 2 d) erfasst.

Die Anhebung der Mindestvergütung in allen Insolvenzverfahren auf 1.000 € ist angesichts der Vereinheitlichung der Verfahren (Abschaffung der §§ 312 bis 314) zwingend. Der DAV begrüßt diese Änderung ausdrücklich. Auf Grund der Absenkung der Mindestvergütung auf 800 € in Fällen, in denen eine geeignete Stelle die Eröffnungsunterlagen erstellt hat (bislang „Verbraucherinsolvenzverfahren“), ergeben sich allerdings trotz der zusätzlichen Aufgaben nahezu keine nennenswerten wirtschaftlichen Vorteile für den Verwalter. Da die Staffelerhöhungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 InsVV im Vergleich zum bisher geltenden § 13 Abs. 1 Satz 3 InsVV später einsetzen, ergeben sich lediglich folgende Änderungen:

Bis 5 Gläubiger: Diese Verfahren kommen kaum vor
6 bis 10 Gläubiger: 800 statt 750 Euro
11 bis 15 Gläubiger: 950 statt 900 Euro
16 bis 20 Gläubiger: 1.050 statt 1.000 Euro

Die Mindestmehrvergütung von in der Regel 50 € pro Verfahren gleicht den erweiterten Aufgabenbereich des Verwalters durch den Wegfall speziell des § 313 InsO nur unzureichend aus. Wir sprechen uns daher dafür aus, die Mindestvergütung einheitlich auf 1.000 € festzulegen

4) Art. 12 Inkrafttreten

Der Gesetzentwurf sieht vor, das die Änderungen zu Artikel 1 wegen erheblicher Änderungen der Verfahrensabläufe erst 6 Monate nach Verkündung in Kraft treten. Der Artikel 2 und 5 soll hingegen zum 01.01.2013 in Kraft treten.

Hier möchten wir zu bedenken geben, ob die - ausdrücklich begrüßte - Änderung in § 300 Abs. 1 Ziffer 2 nicht abweichend bereits mit der Verabschiedung des Gesetzes in Kraft treten sollte. Des Weiteren wird angeregt, zu prüfen, ob diese Änderung nicht auch für solche Verfahren Anwendung finden könnte, die bei Inkrafttreten dieser Regelung bereits eröffnet sind. Die Anwendung dieser Teilvorschrift erscheint uns auch ohne Übergangsfrist in laufenden Verfahren ohne weiteres kurzfristig umsetzbar. Die sofortige, umfassende Anwendung könnte die positive und entlastende Wirkung für die Länderhaushalte, die Gerichte, die Treuhänder und die Schuldner umgehend entfalten. Eine Geltung auch für laufende Verfahren würde zum einen Ungleichbehandlungen in der Übergangsphase verhindern, vor allem aber sofort den positiven Anreizeffekt auslösen, der hilft, die durch die Verfahrenskostenstundung belasteten öffentlichen Kassen zu entlasten.

III. Vorschläge zu weiteren notwendigen Änderungen

Wir möchten uns abschließend erlauben, zumindest zwei zusätzliche Änderungen vorzuschlagen.

1) Zunächst halten wir eine Ergänzung der Regelungen zur Anmeldung einer deliktischen Forderung für nötig. Da eine Frist zur Klageerhebung im Gesetz fehlt, kann die Klage auch noch lange Zeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhoben werden. Ist die Forderung tituliert, kann die titelergänzende Attributsklage auch noch viele Jahre nach Erteilung der Restschuldbefreiung erhoben werden. Um hier das Ziel der Kalkulierbarkeit der Restschuldbefreiung umzusetzen, sollte der Vorschlag aus dem Schrifttum aufgegriffen werden, entsprechend § 189 Abs. 1 InsO die Erhebung der Klage des Gläubigers, der auf eine entsprechende Beschränkung hinzuweisen wäre, auf Beseitigung des Widerspruchs des Schuldners nur bis zum Ablauf der zweiwöchigen Ausschlussfrist nach öffentlicher Bekanntmachung der Schlussverteilung zuzulassen.

2) Wir sind des Weiteren nach wie vor der Ansicht, dass die Aufhebung des § 7 InsO übereilt und zu umfassend erfolgte (siehe Erklärung Nr. 32/11 des Insolvenzrechtsauschuss des DAV vom 31.5.11). Die jetzt vorgelegten Änderungsvorschläge machen mit den bereits in Kraft getretenen Änderungen des ESUG deutlich, dass zahlreiche neu auftretende Rechtsfragen zu klären sein werden. Die Möglichkeit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde, die auf einzelne Sachgebiete begrenzt werden könnte, ist daher unerlässlich, um eine einheitliche Rechtsprechung sicherzustellen.

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