Pressemitteilungen

16.03.2018 | Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung | Mitteilung der Pressestelle
Insolvenzrechtstag eröffnet - Insolvenzverwalter fordern weitere Stärkung ihrer Unabhängigkeit Arbeitsgemeinschaft fordert für Verbraucherinsolvenzen Restschuldbefreiung nach drei Jahren

– Schuldnerberater-getriebene ESUG-Verfahren anfällig für Missbrauch –

Berlin (DAV). In Berlin beginnt heute der 15. Deutsche Insolvenzrechtstag (DIT). Mit weit über 1.000 Teilnehmern ist dies das europaweit größte insolvenzrechtliche Forum. Im Fokus stehen aktuelle Entwicklungen im Insolvenzrecht, so in diesem Jahr unter anderem die laufende ESUG-Evaluierung.

Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG), das am 1. März 2012 in Kraft getreten ist, sollte unter anderem die Gläubiger-Mitwirkungsrechte steigern. „Das hat nicht immer geklappt, auch deshalb, weil die institutionellen Insolvenzgläubiger nicht in allen Verfahren jeder Größe beteiligt waren“, konstatiert Rechtsanwalt Jörn Weitzmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV), die den DIT veranstaltet.

Auch zeichnet sich ab, dass bei Verfahren, die von Schuldnerberatern dominiert werden und in denen die erforderliche Transparenz fehlt, das ESUG ein Einfallstor für Missbrauch sein kann: Die Versuchung ist groß, durch eine Informationsasymmetrie ungerechtfertigte Vorteile zu erlangen. „Der Staat ist gehalten, einen Rechtsrahmen zu erstellen, der einen fairen und transparenten Ausgleich unter den Beteiligten sicherstellt“, so Weitzmann. Es dürfe nicht möglich sein, dass ‚Informationsinsider‘ – etwa Gesellschafter, Geschäftsführer oder nahe Kunden – gegenüber Außenstehenden unberechtigte Vorteile erlangten. Dazu tragen unabhängige und fachkundige Insolvenzverwalter existentiell bei: Sie sorgen dafür, dass Informationsasymmetrien ausgeglichen werden. „Die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters bedarf daher weiterer Stärkung“, betont Weitzmann.

Die Evaluierung des ESUG wird voraussichtlich im Frühjahr oder Sommer dieses Jahres mit der Vorstellung der Ergebnisse beendet. Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft wird es dann notwendig sein, das System neu zu kalibrieren. „Dann ist der Gesetzgeber gefragt“, resümiert Weitzmann. Es könnte sich zum Beispiel zeigen, dass die Schwellenwerte (Umsatz/Bilanzsumme/Arbeitnehmer), bei denen das Gericht dem Vorschlag der Gläubiger folgen muss, nachhaltig erhöht werden müssen. So kann sichergestellt werden, dass das Verfahren wirklich gläubiger- und nicht schuldnerberatergetrieben ist. Bei Verfahren, die diese Schwellenwerte nicht erreichen, sollte das Insolvenzgericht eine größere Entscheidungsfreiheit haben, um Fehlentwicklungen und Missbrauch auszuschließen.

Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist ein Zusammenschluss von rund 1.500 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, deren berufliches Interesse sich besonders auf das Insolvenzrecht und die Sanierung von Unternehmen richtet. Die Arbeitsgemeinschaft ist seit November 1999 als Arbeitsgemeinschaft im DAV organisiert. Sie ist bundesweit die größte deutsche Vereinigung von Insolvenzrechts- und Sanierungsexperten. Der Deutsche Insolvenzrechtstag, den die Arbeitsgemeinschaft 2004 ins Leben gerufen hat, ist die größte insolvenzrechtliche Veranstaltung in Europa. Darüber hinaus veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft seit 2012 einmal jährlich den Europäischen Insolvenzrechtstag / European Insolvency & Restructuring Congress (EIRC) in Brüssel.

Der WBDat.-E-Mail-Newsletter zum Insolvenzgeschehen:
Unser kostenloser Service für Sie. Täglich auf dem neuesten Stand.

abonnieren