Pressemitteilungen

09.06.2015 | Buchalik Brömmekamp | Mitteilung der Pressestelle
Oehmetic beantragt Eigenverwaltung und startet umfangreiche Sanierung

· Unternehmen und Buchalik Brömmekamp erarbeiten detaillierten Sanierungsplan

· Geschäftsbetrieb läuft unverändert fort

Wilnsdorf. 8. Juni 2015. Die Geschäftsführung des Automobilzulieferers Oehmetic GmbH hat heute beim Amtsgericht Siegen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das Amtsgericht hat dem Antrag entsprochen und gleichzeitig die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet. Der Antrag ist die Reaktion auf einen inzwischen behobenen Großmaschinenschaden im Frühjahr 2015, der als entscheidender Faktor zu erheblichen Produktionsausfällen geführt hat sowie den immer höheren Preisdruck auf die Automobilzulieferer. Um die Kunden während des Ausfalles weiterhin termingerecht zu beliefern, entstanden zusätzlich hohe Kosten, da bei Partnerfirmen weiter produziert wurde. Während des Verfahrens laufen die Produktion und die Lieferung an Kunden unverändert weiter.

Mit der Eigenverwaltung nutzt Oehmetic die seit dem 1. März 2012 geltenden Möglichkeiten einer Sanierung unter Insolvenzschutz. Es handelt sich dabei nicht um eine Insolvenz im klassischen Sinn, sondern um ein Sanierungsverfahren mit dem obersten Ziel der Unternehmensfortführung, deshalb wird Oehmetic weiterhin vom bisherigen Geschäftsführer Ulrich Oehm geleitet. Zusätzlich führt der Restrukturierungsexperte Norbert Schröer von der Kanzlei Buchalik Brömmekamp als Mitgeschäftsführer die Oehmetic durch das Verfahren. Weiterhin beaufsichtigt ein vorläufiger Sachwalter die Geschäftsführung. Für diese Aufsichtsfunktion bestellt das Amtsgericht Siegen den Rechtsanwalt Dr. Jan-Philipp Hoos von der Kanzlei White & Case Insolvenz GbR.

In den nächsten Wochen werden die Geschäftsführer Ulrich Oehm und Norbert Schröer gemeinsam mit dem vorläufigen Sachwalter ein Sanierungskonzept entwickeln, dass die Entschuldung des Unternehmens aufzeigt. „In den bisherigen Gesprächen mit den Beteiligten bekamen wir viel Zuspruch für den Antrag. Das stimmt uns zuversichtlich, dass wir das Unternehmen fortführen können“, erklärt Ulrich Oehm. Das Konzept sieht eine Neuauszurichtung des Unternehmens vor. So strebt Oehmetic mittelfristig eine höhere Wertschöpfungstiefe mit komplexeren Teilen und Baugruppen an, die Produkte im High-Tech-Bereich sollen ausgebaut werden und das Unternehmen will sich als Entwicklungspartner positionieren. Dazu sollen die Vertriebsaktivitäten ausgebaut, die Produktion deutlich effizienter gestaltet und im Einkauf mit den Lieferanten über bessere Konditionen verhandelt werden.

Die 120 Mitarbeiter wurden in einer Betriebsversammlung über den Antrag informiert. Die Löhne und Gehälter sind für die nächsten drei Monate über das Insolvenzgeld abgesichert. Da die Personalkosten im Vergleich zu den Mitbewerbern deutlich über dem Durchschnitt liegen, wird ein Baustein der Sanierung eine Anpassung des Personalaufwandes an das Niveau der Wettbewerber sein. „Wir werden jetzt auf die Arbeitnehmervertreter zugehen, das Konzept vorstellen und gemeinsam sozialverträgliche Lösungen entwickeln, die den Fortbestand des Unternehmens sichern“, erklärt Sanierungsgeschäftsführer Norbert Schröer.

Hintergrund: Was ist eine Eigenverwaltung

In der seit dem 1. März 2012 reformierten Eigenverwaltung durch das ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) bleibt die Geschäftsführung weiterhin im Amt und kann die Geschicke des Unternehmens weiter lenken. Die Geschäftsführung übernimmt dabei die meisten Aufgaben, die bislang von einem Insolvenzverwalter wahrgenommen wurden. Anstelle eines Insolvenzverwalters wird ein Sachwalter bestellt. Der Sachwalter hat hauptsächlich die Aufgabe, die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung zu überwachen. Im Einvernehmen mit den Gläubigern, dem vorläufigen Sachwalter und dem Insolvenzgericht will das Verfahren die Fortführung eines Unternehmens unter dem Schutz der Insolvenzordnung ermöglichen. Ziel des Verfahrens ist es, dem Unternehmen den bisherigen Gesellschafterkreis zu erhalten und es nicht zu zerschlagen. Deshalb soll das Unternehmen auch nicht verkauft (asset deal), sondern über einen Insolvenzplan entschuldet werden. Die Passivseite der Bilanz wird durch Gläubigerverzichte deutlich gestärkt. Am Ende des Verfahrens hat sich die Eigenkapitalquote meist erheblich verbessert. Aus verschiedenen Quellen, insbesondere Insolvenzgeld und Umsatzsteuer, wird so viel Liquidität generiert, dass eine Liquiditätszufuhr von außen nicht mehr erforderlich ist. Die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Beendigung unrentabler Vertragsverhältnisse oder langlaufender Dauerschuldverhältnisse, aber auch ein notwendiger Personalabbau sind deutlich schneller und wesentlich kostengünstiger möglich. Dadurch wird die Liquidität geschont und das Ergebnis erheblich verbessert. In aller Regel geht das Unternehmen deutlich gestärkt aus diesem Verfahren hervor und erreicht wieder eine nachhaltige Markt- und Wettbewerbsfähigkeit.

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