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09.11.2016 | Bundesverband ESUG (BV ESUG) | Mitteilung der Pressestelle
Hoffnung reicht für ein Sanierungskonzept nicht aus

· Bundesrichter Prof. Pape erläutert Standards für Sanierungskonzepte auch für kleine Unternehmen

Düsseldorf, 8. November 2016. Welche Anforderungen muss ein schlüssiges Sanierungskonzept erfüllen, wenn ein Gläubiger sich bei späteren Zahlungen darauf beruft, um sich vor einer Insolvenzanfechtung zu schützen? Der Bundesgerichtshof hatte in einem Urteil im Mai dieses Jahres deutlich die Rechte der Lieferanten gestärkt und gleichzeitig die Rahmenbedingungen für ein Sanierungskonzept aufgezeigt. BGH-Richter Prof. Dr. Gerhard Pape erläuterte nun im Düsseldorfer Industrieclub die Entscheidung des Gerichtes. Der BV ESUG hatte 100 Teilnehmer aus allen Bereichen der Wirtschaft zu den Chancen und Risiken für Berater in der Krise und Insolvenz eingeladen. In dem Vortrag wurde deutlich, dass die in der Krise vielfach vorzufindende Hoffnung der Unternehmensleitung auf Besserung kein guter Gradmesser für eine gelungene Sanierung ist. Schon gar nicht kann es ein Sanierungskonzept ersetzen. Dagegen sind halbherzige Sanierungsversuche mit enormen haftungsrechtlichen Risiken für alle Beteiligten verbunden. Pape erläuterte die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 2016 (IX ZR 65/14, ZInsO 2016, 1251ff.) und stellte klar, dass für entlastende Wirkungen eines Sanierungsplans ein schlüssiges, von tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept gefordert werde. Es müsse sich, so der Bundesrichter, um ein geschlossenes Konzept zur Bereinigung sämtlicher Verbindlichkeiten des Schuldners und zur Sanierung seines Geschäftsbetriebes handeln. Dabei sei auf die Beurteilung eines unvoreingenommenen branchenkundigen Fachmanns abzustellen. Dieser habe - auch bei kleinen Unternehmen – die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu analysieren und die Krisenursachen vollständig zu erfassen. Dabei muss er jedoch nicht formale Erfordernisse wie den IDW S6 oder andere Sanierungsstandards erfüllen.

Entscheidende Faktoren seien jedoch, dass ein solches Konzept nicht nur in der Schublade vorliegt, sondern zumindest in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt ist und begründete Aussicht auf Erfolg hat. Dies sei der maßgebende Abgrenzungsfaktor zwischen bloßem Hoffen und aktivem Handeln, das von jedem Schuldner im Interesse der Gläubiger zu erwarten sei. Werden diese Kriterien erfüllt, so ist der Schuldner und der begleitende Beratern von möglichen haftungsrechtlichen Folgen seines Handelns frei. Der Berater, der allerdings ein nicht belastbares Gutachten erstellt, auf dessen Grundlage die Gläubiger dem Unternehmen weitere Mittel zur Verfügung stellen und Dritte dadurch über die Kreditwürdigkeit getäuscht werden, unterliegt Haftungsgefahren, die bis zur Existenzvernichtung reichen können. Weiterhin sind bei einem ernsthaften Sanierungsversuch auch die Kunden und Lieferanten vor möglichen Rückforderungen für den Fall einer späteren Insolvenz sicher.

Gerade in den vergangenen Jahren hat die insolvenzrechtliche Anfechtung von erhaltenen Zahlungen in der Krise zu hohen Rückforderungen durch Insolvenzverwalter und damit zu großen Verunsicherungen in der Wirtschaft geführt. Prof. Dr. Pape erläuterte in seinem Vortrag und in der anschließenden Diskussion anhand der Urteilsgründe die Einzelheiten und zeigte Lösungswege auf. Sie sollen auch künftig gewährleisten, dass ein Unternehmen im Rahmen eines ernsthaften Sanierungsversuchs gleichwohl ein verlässlicher Partner sein kann.

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