Pressemitteilungen

14.04.2014 | Düsseldorfer Restrukturierungsforum | Mitteilung der Pressestelle
„Anleihen in Krise und Insolvenz – Schiffbruch oder Rettung aus schwerer See?“

Mittelstandsanleihen: Gutes Instrument, aber weniger für Privatanleger

Düsseldorf, 10. April 2014. Das Düsseldorfer Restrukturierungsforum widmete sich am 8. April dem hochaktuellen und gleichsam brisanten Thema „Anleihen in Krise und Insolvenz – Schiffbruch oder Rettung aus schwerer See?“. 100 Gäste verfolgten die Diskussion rund um die Mittelstandsanleihe. Über einen Punkt herrschte an diesem Abend überwiegend Einigkeit: Mittelstandsanleihen sind ein gutes Instrument, aber sie sind selten für den Privatanleger geeignet. Zamek, Prokon, SiC Processing, Pfleiderer, Praktiker: Fast alle großen Mittelstandsinsolvenzen des letzten Jahres haben Anleihen ausgegeben und führen zum Teil sehr kontroverse Diskussionen mit ihren Anleihegläubigern bis hin zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Und die Unkenrufe mancher Marktteilnehmer über die mangelnde Qualität von Unternehmen mit Mittelstandsanleihen nehmen nicht ab. Dem ist das Düsseldorfer Restrukturierungsforum nachgegangen. Eingeführt wurde das Thema durch ein Impulsreferat von Dr. Martin Hock, der als Finanzredakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Fachmann für Mittelstandsanleihen ist. Viele Unternehmen mit Mittelstandsanleihen, die in der jüngeren Vergangenheit gescheitert sind, hätten ähnliche Probleme: Undurchsichtigkeiten in der Geschäftstätigkeit und/oder den Geschäftszahlen, verwirrende Rechtskonstrukte, geringe Transparenz und wenig Informationen. Dennoch sei ein Großteil der Gläubiger Privatanleger, da Mittelstandsanleihen hohe Zinsen für eine geringe Laufzeit bieten und kleine Stückelungen möglich sind. Und vor allem der Begriff Mittelstandsanleihe vermittelt vielen Privatanlegern den Eindruck, dass es sich um eine solide, vertrauenserweckende Anlage handelt. „Das ist eigentlich Etikettenschwindel“, so Dr. Hock. Jan Odewald, der als Senior Manager bei der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Unternehmen im Bereich Corporate Finance berät, sieht in der Mittelstandsanleihe viele Vorteile für die Unternehmen: „Sie können ihre Finanzierungsstruktur diversifizierter aufstellen, der Zugang ist ohne Änderung der Gesellschafterstruktur oder Rechtsform möglich und die Zulassungsvoraussetzungen sind beispielsweise geringer als bei einem IPO.“ Aber es gibt auch Schattenseiten, die den Unternehmen oft nicht bewusst sind. Das seien zum einen hohe Fixkosten im Rahmen der Emission und zum anderen Offenlegungspflichten, die viele Unternehmen so bisher scheuten, da sie sich ungern in die Karten blicken lassen. Aus Letzterem resultieren Reputationsrisiken z. B. im Fall von Planverfehlungen. Dr. Dreier, der als Rechtsanwalt bei Dreier Riedel Rechtsanwälte zuletzt häufig Anleihegläubiger beraten und vertreten hat, vertritt klar die Meinung: „Mittelstandsanleihen sind nichts für Oma und Opa. Ich würde privaten Investoren tunlichst davon abraten, sich in diesem Feld zu engagieren. Es gibt wesentlich bessere Anlagemöglichkeiten für sie“.

Dr. Wilken, Rechtsanwalt und Partner bei der GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, bricht eine Lanze für die Mittelstandsanleihe, die aus seiner Sicht ein fungibles, von der Idee her gutes Instrument ist. Das Problem sei ein anderes: „Die Unternehmen suchen einfach immer zu spät Hilfe. Anders ausgedrückt: Der Patient geht zu spät zum Arzt und hört dann auch nicht richtig zu“. Dr. Hock erweitert diesen Vergleich sogar noch: „Das gilt auch für die Privatanleger. Wenn sie zum Arzt gehen, hören sie auch nicht hin. Sprich entweder sie erkennen das Risiko nicht oder sie wollen es einfach nicht wahrhaben“. Daher sind Mittelstandsanleihen auch aus seiner Sicht nichts für Privatanleger.

Aber wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, dann ist es wichtig, einen gemeinsamen Vertreter der Anleihegläubiger zu bestimmen, so Dr. Dreier. Wichtig dabei: Dieser sollte unabhängig sein, früh an Bord geholt werden und seine Haftungsrisiken müssten beschränkt sein. Auch Dr. Wilken befürwortet den gemeinsamen Vertreter, auch wenn er die andere Seite, das Unternehmen, vertritt: „So haben wir nur einen Ansprechpartner, der gleichzeitig kompetent ist, und wir erreichen einen konzentrierten Abstimmungsprozess.“

Doch wie sieht die Zukunft für Mittelstandsanleihen aus? Aus Sicht von Dr. Wilken nicht sehr rosig. Er sieht die Gefahr darin, dass die Emittenten nicht rechtzeitig auf Anzeichen einer Krise reagieren. Auch Dr. Hock ist eher skeptisch: „Ich hoffe, der Markt der Mittelstandsanleihen kriegt die Kurve noch, aber darauf wetten würde ich nicht“. Persönlich findet er es schade, denn eigentlich sei es ein gutes Instrument.

Odewald schätzt die öffentliche Auseinandersetzung vor allem mit den schlimmen Fällen: „Durch die Berichterstattung wird eine Sensibilität für das Thema geschaffen und die Anleger setzen sich bewusster mit dem Thema auseinander.“ Vielleicht ändere ja das das Verhalten der Privatanleger im Rahmen der Auseinandersetzung mit konkreten Geschäftsmodellen. Die Veranstalter des Düsseldorfer Restrukturierungsforums sind Deloitte, hww wienberg wilhelm, SK Dienstleistungs GmbH, Taylor Wessing und White & Case. Am 16. September 2014 findet die nächste Ausgabe des Düsseldorfer Restrukturierungsforums statt.

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