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04.06.2018 | Frankfurter Restrukturierungsforum | Mitteilung der Pressestelle
Ethik und Restrukturierung – was sind die Leitplanken einer erfolgreichen Sanierung?

Frankfurt am Main, 31. Mai 2018. Das Frankfurter Restrukturierungsforum fand am 14. Mai 2018 zum zehnten Mal statt und widmete sich dem spannenden Thema „Ethik und Restrukturierung – was sind die Leitplanken einer erfolgreichen Sanierung?“. Rund 100 Gäste verfolgten die lebhafte Diskussion. Das Podium war sich einig, dass ethisches Handeln in der Restrukturierung unabdingbar ist.

Für das zehnte Frankfurter Restrukturierungsforum konnte ein prominentes Referentenpanel gewonnen werden: Götz Deventer (Insolvenzrichter, Amtsgericht Friedberg), Dr. Heinrich Kerstien (Managing Partner, Clearwater International GmbH), Dr. Thomas Riegler (Partner, taskforce – Management on Demand AG) und Sabine Siegl (Partner, GIDEON GmbH - Wirtschaftspsychologen). Die vier Experten diskutierten – moderiert von Julia Kappel-Gnirs (hww hermann wienberg wilhelm) und Daniel Mair (Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft GmbH) – über ein wichtiges Thema in der Sanierungsbranche: Ethik.

Den Abend eröffnete Dr. Thomas Riegler mit seinem Impulsvortrag, in dem er die Rolle der Ethik in der Restrukturierung verdeutlichte. Das Thema Ethik sei in der Restrukturierung ein wichtiges Thema. Nicht nur, weil es in einer Restrukturierung immer um den Ausgleich unterschiedlicher Interessen geht, sondern auch, weil die Digitalisierung eine immer größere Rolle spielen würde. Seines Erachtens ginge es nicht um die Frage, ob die Ökonomie eine wertfreie Zone ist oder die Ökonomie unter das Primat der Ethik zu stellen ist. „Das Eine kommt nicht ohne das Andere aus. Moral braucht Regeln und Wirtschaft braucht Moral“, so der Interimsmanager. Das Wichtigste sei aber, so Dr. Riegler, dass moralisches Verhalten und Ethik immer mit der einzelnen handelnden Person verbunden sei. Daher sei entscheidend, die Tugenden wie Urteilskraft, Willens- und Entscheidungsfähigkeit, Besonnenheit und Integrität zu verkörpern sowie den Aufbau einer Vertrauensbasis unter allen in einer Restrukturierung handelnden Personen zu fördern.

In der anschließenden Diskussionsrunde waren sich alle einig, dass ethisches Handeln in der Restrukturierung unerlässlich sei. Götz Deventer forderte, dass ungeachtet aller bereits bestehenden Regelungen des Insolvenzrechts inklusive der primären Ausrichtung auf die Gläubigerinteressen eine ethische Fundierung des Handelns von Insolvenzverwaltern unabdingbar sein sollte. „Eine ethische Fundierung eröffnet den Blick für die Interessen anderer Akteure und ermöglicht es, diese angemessen im Prozess einer Restrukturierung zu berücksichtigen“, erläuterte der Insolvenzrichter. Ethik setze aber auch voraus, dass der jeweils Handelnde bereit sei, sein eigenes Verhalten an einer ethischen Grundlage zu messen und zu prüfen. Der Insolvenzrichter gab zu bedenken, dass dies letztendlich nur Menschen möglich sei. Daher soll eine Entscheidung in einem Restrukturierungsprozess von Menschen getroffen werden und nicht künstlicher Intelligenz überlassen werden.

Dr. Heinrich Kerstien gab zu bedenken, dass es in der Natur der Dinge liege, dass die diversen Stakeholder in Restrukturierungen zunächst ihre eigenen Interessen beziehungsweise die ihrer Mandanten und/oder Investoren vertreten würden. Diese Interessen könnten auch aggressiv anmutenden Geschäftsmodellen folgen wie zum Beispiel ‚loan to own‘, ‚exotic legal claims‘ oder ‚consent fee extraction‘. Derartige Geschäftsmodelle entheben die im Prozess Involvierten aber nicht von der Anforderung, grundlegenden moralischen Prinzipien wie Sachkenntnis, Transparenz und Verlässlichkeit zu folgen. Für den Managing Partner stellen diese Prinzipien Minimumbedingungen dar. Er forderte, dass ein Fehlverhalten am Markt verstärkt sanktioniert werden sollte. „Es wäre wünschenswert, wenn sich die Parteien des potenziellen Schadens für andere Beteiligte oder unbeteiligte Dritte bewusst wären und hier gewisse Grenzen einhalten würden“, forderte Dr. Kerstien. Hiervon auszugehen, wäre seiner Ansicht nach allerdings naiv. Auch Zertifizierungen würden in dieser Hinsicht wohl wenig bringen.

Sabine Siegl betonte, dass gerade heutzutage eine übergeordnete Ethik beziehungsweise Moralvorstellungen wichtiger denn je seien. Nur Menschen mit einem übergeordneten Wertebewusstsein seien in der Lage, Compliance-Richtlinien im Unternehmen und in Vertragsverhandlungen umzusetzen. Auf die Frage, ob es ein höchstes Gut in der Sanierung gebe, entgegnete die Diplom-Psychologin, dass sich für den Handelnden im Sanierungsfall das höchste Gut am Interesse des Auftraggebers orientiere. Dabei seien ethische Grundsätze in der Vorgehensweise besonders zwingend. Nach Meinung von Siegl sollte die Auswahl aller an einer Sanierung Beteiligten nach klaren Kriterien eines Psychologen erfolgen. Diese Auswahl solle sich am Anforderungsprofil des Falles orientieren. „Generell sind vor allem Unabhängigkeit, Fairness und Transparenz wichtige persönliche Eigenschaften für Sanierer“, erklärte Siegl. Eine Gesinnungsprüfung müsse nicht durchgeführt werden, aber ein Nachweis im Sinne einer kontinuierlichen Selbstreflexion durch obligatorische Teilnahme an einem Ethikkurs erscheint der Diplom-Psychologin als sinnvoll.

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