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16.12.2014 | Nieding + Barth | Mitteilung der Pressestelle
Kündigungswelle bei lukrativen Bausparverträgen - Bankrechtler Klaus Nieding kritisiert Bausparkassen und Finanzaufsicht BaFin

Frankfurt, 15. Dezember 2014 – Der Schreck sitzt tief. In den vergangenen Tagen flatterten Tausenden Bausparern in Deutschland überraschend die Kündigungsschreiben ihrer Bausparkassen ins Haus. Grund für diese regelrechte Kündigungswelle sind aber keineswegs verspätete oder ausgebliebene Beitragszahlungen. Ganz im Gegenteil: Bei den betroffenen Verträgen handelt es sich um attraktiv verzinste mittlerweile zuteilungsreife Produkte, die wohl jeder Sparer angesichts der akuten Niedrigzinsphase gern im Depot gehabt hätte.

Dass sie nun von Seiten der Bausparkassen in Massen gekündigt werden, gründet sich offenbar auf eine Anregung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die für Aufsehen sorgt. Die deutsche Allfinanzaufsicht hatte angeregt, dass Bausparkassen bestehende, hoch verzinste, zuteilungsreife Altverträge kündigen sollten. Die Behörde befürchtet, dass Bausparkassen durch solche üppig verzinsten Altverträge, bei denen bislang kein Darlehen beantragt wurde, in Schieflage geraten könnten. Im Bundesfinanzministerium wirbt die BaFin sogar für eine Gesetzesänderung, um die Altverträge leichter kündigen zu können.

Das Vorgehen der BaFin und der Bausparkassen wird von Verbraucherschützern massiv kritisiert. Auch der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Klaus Nieding ist entsetzt: „Die BaFin verletzt ihre Neutralität und handelt hier in gravierender Weise zu Lasten der Verbraucher“, so Nieding. Man könne den Betroffenen nur raten, gegen eine erhaltene Kündigung eines Altvertrages vorzugehen und einen entsprechenden Widerspruch einzulegen.

Die Kündigungswelle erreicht inzwischen riesige Dimensionen: Quer durch die Republik gehen tausende Kündigungsschreiben an jahrelang treue Sparer raus: So kündigte die LBS Bayern bereits rund 26.000 Altverträge, die LBS Hessen-Thüringen etwa 4.500 Altverträge. Die LBS West hat ebenfalls Kündigungen ausgesprochen, jedoch bisher keine Zahlen hierzu genannt.

Rein rechtlich sind die einseitigen Kündigungen durchaus fragwürdig: Durch die obergerichtliche Rechtsprechung, zuletzt durch das OLG Stuttgart (Az. 9 U 151/11), wurde geurteilt, dass „der Bausparvertrag solange unkündbar ist, wie die Auszahlung des Tilgungsdarlehens möglich ist und der Bausparer seine hierzu erforderlichen planmäßigen Sparpflichten erfüllt“. Möglich wäre eine Kündigung eines Altvertrages also nur, soweit die Bausparsumme bereits vollständig angespart ist. „Die Kündigung eines lediglich zuteilungsreifen Altvertrages, dessen Bausparsumme noch nicht erreicht wurde, ist daher unwirksam und muss entsprechend angegriffen werden“, erläutert Nieding.

Zwar mag die Lage für die Bausparkassen angesichts der derzeitig niedrigen Zinsen sehr angespannt sein, so dass sie kaum noch in der Lage sind, mit den aktuellen Mini-Renditen die hohen Zinsen für Alt-Bausparer zu verdienen. Doch dass sich nun die Allfinanzaufsicht so stark einmischt, löst bei Fachanwalt Nieding Kopfschütteln aus: „Man fragt sich, ob die BaFin – falls die Darlehenszinsen mal wieder steigen und Häuslebesitzer bei der Anschlussfinanzierung dadurch in Probleme kommen – dann auch so konsequent an die Kreditinstitute herantreten würde, um diese zur Vergabe zinsgünstiger Immobiliendarlehen an Verbraucher zu bewegen.“

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