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15.10.2014 | Pohlmann Hofmann Insolvenzverwalter | Mitteilung der Pressestelle
Grauer Kapitalmarkt - Selfmade Capital Holding meldet Insolvenz an - Vorläufiger Insolvenzverwalter ermittelt in alle Richtungen

Die Selfmade Capital Holding GmbH und fünf ihrer Tochtergesellschaften haben beim Amtsgericht München wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag gestellt.

Das Emissionshaus hat mittels acht Fondsgesellschaften ein Anlagevolumen von insgesamt rd. 70 Millionen Euro bei Privatanlegern eingeworben. Investiert wurden die Gelder fast ausschließlich in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Ursächlich für die drohende Insolvenz sind laut Geschäftsführer Malte Hartwieg die seit Mitte 2013 plötzlich ausbleibenden Rückzahlungen aus den Investitionsgesellschaften in den VAE. Für die Fondsgesellschaften wurden bislang keine Insolvenzanträge gestellt. Das Insolvenzgericht hat den Münchner Rechtsanwalt Rolf G. Pohlmann zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Pohlmann versucht nun, sich einen Überblick über die komplexe Konzern- und Anlagestruktur des Emissionshauses zu verschaffen, die in Deutschland vorhandenen Gelder zu sichern und im Ausland etwaig noch vorhandenes Kapital aufzuspüren. „Wir stehen noch ganz am Anfang unserer Ermittlungen. Oberstes Ziel ist es, die Verluste für die Gläubiger und auch die Anleger so gering als möglich zu halten“, sagt Pohlmann. Ein Totalverlust des anvertrauten Kapitals könne derzeit aber nicht ausgeschlossen werden.

Selfmade Capital wurde 2008 von dem Münchner Unternehmer Malte Hartwieg, der zahlreiche weitere Unternehmen in der Finanzbranche betreibt, gegründet. Über Finanzmakler gelang es Selfmade Capital in den Jahren 2008 bis 2013 ein Anlagevolumen von rd. 70 Mio. Euro einzuwerben. Das Emissionshaus warb dabei mit Renditen von zwölf Prozent.

Investiert wurde das Kapital von den Fondsgesellschaften des Konzerns über Genuss-rechte in Anlageobjekte vor allem in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Aufgelegt wurden zunächst Fonds, die indirekt in Immobilienprojekte in Dubai investieren sollten, konkret in Mitarbeiter-Wohnanlagen im unteren Preissegment. In der Folge wurden Fonds in anderen Investitionssegmenten aufgelegt, etwa der Beteiligung an einer Gold-raffinerie. Die ersten beiden Fonds von Seldmade Capital, „Emirates I“ und „Emirates II“ wurden Presseberichten zu Folge dann auch erfolgreich plangemäß aufgelöst, wobei für die Anleger einer Rendite von 18 Prozent pro Jahr habe erzielt werden können.

„Die Firmen- und Anlagestruktur des Emissionshauses Selfmade Capital ist komplex“, berichtet Pohlmann. Unterhalb der Holdinggesellschaft bestehen fünf Servicegesellschaf-ten in der Rechtsform von GmbHs oder GmbH & Co. KGs die als Komplementäre oder geschäftsführende Kommanditisten an den insgesamt elf Fondsgesellschaften beteiligt sind. Daneben bestehen zwei Treuhandgesellschaften, die für die Anleger deren Kom-manditanlagen halten. Die Fondsgesellschaften schlossen nunmehr mit eigens im Aus-land errichteten Gesellschaften Genussrechtsverträge auf deren Grundlage die Finanzmit-tel an die Zielgesellschaft geflossen sein sollen und auf deren Grundlage die Anleger letztlich an einem Gewinn der Zielgesellschaft zu beteiligen sind. Wie konkret die Zielge-sellschaft die ihr überlassenen Mittel einsetzt, ist nach den Emissionsprospekten im We-sentlichen ihr überlassen. „Diese Struktur macht die Sache schwierig“, so Pohlmann. Denn ein Durchgriff auf etwaige im Ausland vorhandene Vermögenswerte ist kaum mög-lich. Die Selfmade-Capital-Firmenstruktur endet an der Grenze. Alles Vermögen im Aus-land soll von eigenständigen, nicht gesellschaftsrechtlich mit Selfmade Capital verbunde-nen Unternehmen, Limited Companys (Ltd.), investiert worden sein. Geschäftsführer die-ser Gesellschaften ist Herr Christian Kruppa, der laut Hartwieg auch als „Investitionsma-nager“ für die eigentliche Auswahl der Anlageobjekte verantwortlich gewesen sein soll.

Nach den Fondsprospekten durften die Anleger – je nach Fonds – jährlich oder am Ende der Laufzeit mit Rückzahlungen rechnen. „Mitte 2013“ berichtet Hartwieg dem vorläufigen Insolvenzverwalter seien „die Zahlungen der Investitionsgesellschaften ins Stocken gera-ten“. „Eine verifizierbare Begründung für das Ausbleiben der Zahlungen sowie die Zah-lungen selbst“ stünden bis heute aus, so Hartwieg weiter.

Seither gerieten Selfmade Capital und auch Hartwieg selbst zunehmend unter Druck. An-leger machen Ansprüche geltend, teils klageweise. Moratorien wurden mit Anlegern ge-schlossen oder zu schließen versucht, die Strafverfolgungsbehörden ermitteln aufgrund von Strafanzeigen gegen die Beteiligten und im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen wurden in größerem Umfang Geschäftsunterlagen sichergestellt. Vor diesem Hinter-grund, so Hartwieg, habe er für eine Reihe der von ihm geführten Gesellschaften nun-mehr Insolvenzantrag gestellt. Konkret liegen Insolvenzanträge für die Selfmade Capital Holding GmbH, für die Selfmade Capital Management GmbH, die Selfmade Capital Con-sulting GmbH, die Selfmade Capital Asset Management GmbH, die FVT Feringa Verwal-tungs- und Beteiligungs-Treuhand GmbH und die FVT Verwaltungs- und Beteiligungs-Treuhand Management GmbH & Co. KG vor. Weitere Insolvenzanträge prüft Hartwieg nach eigener Angabe derzeit noch.

„Wo die Anlegergelder sind und ob und in welchem Umfang sie überhaupt noch vorhan-den sind, ist derzeit im Wesentlichen unbekannt“, sagt Pohlmann. Es werde – auch sei-tens der Strafverfolgungsbehörden – aktuell in alle Richtungen ermittelt. Mit der zustän-digen Staatsanwaltschaft München I sei Kontakt aufgenommen worden, um Einsicht in die sichergestellten Unterlagen zu nehmen und diese auszuwerten. „Wir haben innerhalb weniger Tage auch bereits einen guten Überblick über die Anlagestruktur und das noch in Deutschland vorhandene Barvermögen gewinnen können“, so Pohlmann. „Insoweit kann ich den Anlegern jedoch keine große Hoffnung machen“. In Deutschland verfügten die einzelnen Selfmade Capital Gesellschaften insgesamt nur über in Relation zum ein-geworbenen Kapital vergleichsweise geringes Mittel von etwa einer Million Euro. Ziel müsse daher sein, etwaig noch im Ausland befindliche Vermögenswerte zu ermitteln und sodann zu versuchen, diese rückzugewinnen. „Wir stehen mit Herrn Hartwieg in engem Kontakt“, sagt Pohlmann. „Herr Hartwieg erteilt umfassend und bereitwillig alle erbetenen Auskünfte“, so Pohlmann weiter. Noch nicht persönlich erreicht habe man dagegen den Investitionsmanager Kruppa. Er soll sich in Abu Dhabi aufhalten und habe bislang auf die an ihn seitens des vorläufigen Insolvenzverwalters gerichteten Anfragen nur mit einer in der Sache nicht weiterführenden E-Mail reagiert. „Dennoch ist es für jede Wertung oder Beurteilung der Lage für uns noch viel zu früh“, sagt Pohlmann. „Insbesondere ob Gelder veruntreut wurden, Fehlinvestitionen getätigt wurden oder andere Gründe ursächlich für die ausbleibenden Zahlungen sind, lässt sich derzeit noch nicht sagen.“ In einem nächs-ten Schritt werde zunächst versucht, die Zahlungsströme nachzuvollziehen, um Gewiss-heit darüber zu erlangen, welche Gelder konkret wann wohin geflossen seien. Parallel hierzu müssten die Verträge und die Gesellschaftsstrukturen rechtlich genau geprüft wer-den: „Wir müssen erst mal theoretisch wissen, wem gegen wen woraus etwas zusteht, damit wir dann versuchen können, da auch real dran zu kommen“, so Pohlmann. Sodann hofft Pohlmann auf Aufklärung durch Herrn Kruppa. „Wenn wir da nicht kurzfristig weiterkommen, werden wir eine Anwaltskanzlei in den Emiraten mit der Prüfung unserer Mög-lichkeiten beauftragen.“

Anleger, die Gelder bei Selfmade Capital investiert haben, bittet der vorläufige Insolvenz-verwalter, sich unter der eigens eingerichteten Interseite

‚www.pohlmannhofmann.de/selfmade‘

über den Verfahrensfortgang zu unterrichten. „Derzeit Klagen gegen die von der Insol-venz bedrohten Gesellschaften einzureichen, dürfte nicht zweckmäßig sein.“ Denn mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens können Ansprüche ohnehin nur noch nach insolvenz-rechtlichen Regelungen geltend gemacht werden. Auch weist der vorläufige Insolvenz-verwalter darauf hin, dass derzeit – vor einer etwaigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens – noch keine Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet werden können und Anmel-dungen unwirksam wären. In Zweifelsfragen rät Pohlmann, sich an einen insolvenzrecht-lich versierten Rechtsanwalt zuwenden.

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