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21.12.2015 | Schultze & Braun | Mitteilung der Pressestelle
EuGH - Geschäftsführer einer hauptsächlich in Deutschland tätigen Limited haftet in der Insolvenz nach deutschen Regeln

Luxemburg/Erfurt. Der Europäische Gerichtshof hat am 10. Dezember entschieden, dass die Direktorin einer Limited nach britischem Recht in einem Insolvenzverfahren in Deutschland für Zahlungen haftbar gemacht werden kann, die sie nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Limited geleistet hat. Inwieweit auf eine nach EU-ausländischem Recht gegründete Gesellschaft, die hauptsächlich in Deutschland geschäftlich tätig ist, das deutsche GmbH-Gesetz angewandt werden darf, war zuvor jahrelang umstritten.

„Es ist uns gelungen, in dieser Frage endlich Rechtssicherheit herzustellen, indem wir ein europarechtliches Urteil in unserem Sinne erreicht haben. Ich gehe nun davon aus, dass auch der Bundesgerichtshof meiner Rechtsauffassung folgt und wir die Ansprüche im Sinne der Gläubiger durchsetzen können“, sagt der Erfurter Rechtsanwalt Dr. Thomas Dithmar von Schultze & Braun, der als Insolvenzverwalter der Kornhaas Montage und Dienstleistungs Ltd. das Urteil des EuGH gegen die ehemalige Direktorin des Unternehmens herbeigeführt hat.

Dithmar hatte gegen die ehemalige Direktorin der Gesellschaft geklagt, um sie nach § 64 GmbH-Gesetz für Zahlungen von mehr als 100 000 Euro in Anspruch zu nehmen, die sie nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters geleistet hatte. Dithmar sah darin eine unzulässige Verkürzung der Insolvenzmasse, für die die Direktorin hafte. Das Landgericht Erfurt sowie das Oberlandesgericht Jena hatten die Auffassung Dithmars bestätigt. Sie sahen in der Bestimmung des § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG eine insolvenzrechtliche Norm, auch wenn es sich formal um eine gesellschaftsrechtliche Vorschrift handle.

Der Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz hatte den EuGH um eine Vorabentscheidung ersucht. Der EuGH sollte klären, ob die Anwendung des deutschen Insolvenzrechts nach europäischem Recht statthaft ist und ob dies möglicherweise gegen die Niederlassungsfreiheit im europäischen Binnenmarkt verstößt.

Die sechste Kammer des Europäischen Gerichtshofes hat nun entschieden, dass die Anwendung des § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG den Bestimmungen der europäischen Verträge zur Niederlassungsfreiheit nicht entgegensteht und dass in diesem Fall auch das deutsche Insolvenzrecht angewandt werden durfte. Im ersteren Fall stehe dies im Einklang mit den Artikeln 49 und 54 AEUV, im letzteren Fall sei der Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Europäischen Rates vom 29. Mai 2000 entsprechend auszulegen.

„Damit ist der Schlussstrich unter eine langwierige juristische Debatte in Deutschland gezogen“, kommentiert Thomas Dithmar die Entscheidung der Luxemburger Richter. „Für die Gläubiger solcher Gesellschaften ist das eine sehr gute Nachricht.“

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