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18.05.2018 | Magdeburger Restrukturierungslunch | Mitteilung der Pressestelle
Eigenverwaltung im siebten Jahr: Auslaufmodell oder zweiter Frühling?

Magdeburg, 18. Mai 2018. Der 3. Magdeburger Restrukturierungslunch beschäftigte sich am 17. April mit der Fragestellung „Eigenverwaltung im siebten Jahr: Auslaufmodell oder zweiter Frühling?“. Rund 50 Gäste beteiligten sich an der lebhaften Diskussion mit den Experten auf dem Podium.

Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einem Impulsvortrag von Burkhard Jung (Restrukturierungspartner), der einführend einen Überblick über die Zahlen, Daten und Fakten aus sechs Jahren ESUG gab. Danach präsentierte Jung sechs von ihm aufgestellte Thesen zur Eigenverwaltung, in denen er aus seiner Sicht über die aktuelle Lage der Eigenverwaltung sowie deren zukünftigen Anforderungen referierte.

In der anschließenden Podiumsdiskussion – moderiert von Prof. Dr. Lucas F. Flöther (Flöther & Wissing) und Burkhard Jung – berichteten die Panelisten Dr. Petra Brenner (Partnerin, Dentons), Dr. Thorsten Graeber (Insolvenzrichter, Amtsgericht Potsdam) und Alexander Klemm (Leiter Spezialkreditmanagement Sanierung 2, LBBW) aus ihren umfangreichen Erfahrungen mit Eigenverwaltungsverfahren. Es wurden die Chancen und Risiken des ESUG für alle Beteiligten diskutiert und ein Ausblick auf seine weitere Entwicklung gegeben.

In der Diskussion betonte Alexander Klemm, dass eine offene Information aller wesentlichen Stakeholder in der Eigenverwaltung sowie in Phasen der Restrukturierung extrem erfolgskritisch sei, insbesondere dann, wenn diese seitens der Beteiligten aktiv erbeten werde. Er berichtete, dass eine selektive, unvollständige Kommunikation ursächlich beziehungsweise mitursächlich für eine Verzögerung, wenn nicht gar für das Scheitern von Sanierungsprozessen, gewesen sei. „Aus Sicht der Banken gehört dazu unter anderem eine belastbare, nachvollziehbare Quantifizierung der vorgesehenen Schritte wie auch der ansonsten denkmöglichen Alternativen, um so den Entscheidungsprozess in den Banken erst zu ermöglichen beziehungsweise zu beschleunigen“, so der Banker.

Einen interessanten Einblick in seine Erfahrungen mit Eigenverwaltungsverfahren gab der Insolvenzrichter Dr. Thorsten Graeber. Seiner Ansicht nach habe das ESUG das Insolvenzverfahren für die Insolvenzgläubiger und Insolvenzverwalter verändert und einige neue Möglichkeiten, Chancen und Risiken entstehen lassen. Jedoch gab Dr. Graeber zu bedenken, dass anfängliche Fehlentwicklungen zwar eventuell beseitigt werden könnten, aber auch dann sei nicht gesichert, dass das ESUG für alle Beteiligten mit Vorteilen verbunden sei. Daher empfahl der Insolvenzrichter, dass die weitere Entwicklung des ESUG genau beobachtet werden solle.

Nach Ansicht von Dr. Petra Brenner ist die Eigenverwaltung für sanierungsfähige Gesellschaften, die bereits über ein kompetentes Management verfügen, das Mittel der Wahl. Allerdings sei für die Geschäftsführung eine Eigenverwaltung ohne insolvenzrechtliche Beratung auf Grund der zu beachtenden insolvenzspezifischen Pflichten und des damit für die Geschäftsführung verbundenen Haftungsrisikos nicht darstellbar. Eine Eigenverwaltung biete sich deshalb nur für Unternehmen ab einer bestimmten Größe an. Dr. Petra Brenner plädierte dafür, einem Missbrauch der Eigenverwaltung zur Durchsetzung von Gesellschafterinteressen im Wege des Forum Shoppings durch eine Zentralisierung der Zuständigkeit bei wenigen spezialisierten Gerichten sowie durch eine Stärkung der Position des Sachwalters zu begegnen.

Zum Abschluss der Veranstaltung wurde die Frage gestellt, was sich die Podiumsteilnehmer vom ESUG zukünftig erhoffen. Dabei waren sich alle Podiumsteilnehmer einig, dass vor allem die Qualität, das Vertrauen und die Kommunikation noch stärker als Kernvoraussetzungen für eine erfolgreiche Eigenverwaltung verbessert werden sollen.

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